"Bisher haben Sarah (Zadrazil, Anm.) und ich den Deutschen die Daumen gedrückt, jetzt ist es damit aber vorbei“, sagt Carina Wenninger. Die österreichische Abwehrspielerin kennt den deutschen Fußball wie keine andere ÖFB-Akteurin. Seit 2007 ist sie Teil des FC Bayern München – auch wenn sie nach der Euro leihweise für ein Jahr zur AS Roma nach Italien wechselt. „Wir freuen uns alle auf das Spiel, wir haben uns den Erfolg bisher gegenseitig gegönnt“, sagt die Steirerin.

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Am Donnerstag (21 Uhr) kommt es im EM-Viertelfinale in Brentford zum Duell der Österreicherinnen mit Deutschland. „Ich möchte nicht tiefstapeln, aber die Verhältnisse sind klar verteilt“, sagt Wenninger. „Ich kenne fast keine andere Nation, die in der Geschichte sonst Europameister wurde.“ Acht Mal jubelte beim Kontinentalturnier, das bisher zwölf Mal ausgetragen wurde, Deutschland über den Titel. „Sie haben enorm viel Qualität, viel Tempo. Vor allem in der Offensive“, sagt Zadrazil. Sie trifft gleich auf sechs Bayern-Teamkolleginnen. „Wir haben uns natürlich mit ihnen mitgefreut. Am Donnerstag gibt es aber keine Freundschaft.“

Dass man die DFB-Auswahl so gut kennt, muss kein Vorteil sein. „Sie kennen uns umgekehrt ja auch gut“, sagt Zadrazil. Nicht weniger als 15 Spielerinnen aus dem ÖFB-Kader sind (oder waren bis zum Euro-Start) bei einem deutschen Klub unter Vertrag.

Zadrazil: "Bin mir sicher, dass sie uns nicht unterschätzen werden"

Am Sonntag hat Wenninger zuletzt mit DFB-Spielerin Sydney Lohmann per Facetime telefoniert. „Der Stellenwert von uns Österreicherinnen hat sich bei den Deutschen in den letzten Jahren stark geändert“, sagt die 31-Jährige. „Ich bin mir ganz, ganz sicher, dass sie uns nicht unterschätzen werden. Im Gegenteil. Sie wissen ja vom täglichen Training in den Klubs, dass es eine Herausforderung werden wird.“
Auch, weil die Deutschen gewinnen müssen. Zwar wollte Teamchefin Martina Voss-Tecklenburg vor EM-Start den Druck von ihrem Team nehmen und andere Nationen zum Titelfavoriten machen, doch klar ist: Der Weg zum Titel führt nur über Deutschland. „Ich mag diese Rolle als David gegen einen Goliath wie die DFB-Auswahl sehr gerne, ich finde das cool. Wir wollen die Großen ärgern, und das ist uns zuletzt ja schon ein paar Mal gelungen“, sagt Zadrazil.

Die größte Österreicher-Fraktion in Deutschland gibt es in Frankfurt. Verena Hanshaw, Laura Feiersinger, Virginia Kirchberger und Barbara Dunst spielen für die Eintracht. „Ich muss schon sagen, dass wir Österreicher für die nötige Lockerheit im Team gesorgt haben“, sagt Dunst mit einem Augenzwinkern. „Wir verstehen uns alle sehr gut. Aber das muss man am Donnerstag weglassen“, sagt Feiersinger und fügt an: „Ich kenne viele Spielerinnen und ihre Stärken, weiß daher aber auch, dass sie nicht unsterblich sind.“

Die EM-Reise soll für Österreichs Fußballerinnen gegen Deutschland also nicht enden. Es geht um nicht weniger als den zweiten EM-Halbfinaleinzug bei der zweiten Endrunden-Teilnahme. „Wenn wir gegen Deutschland weiterkommen würden, wäre das schon noch einmal höher einzuschätzen als 2017“, sagt Feiersinger.

Bis Donnerstag soll die Hitzewelle in England (bis zu 40 Grad) übrigens auch vorbei sein. Das Duell wird aber auch bei britischem Wetter ein heißer Tanz werden.