Seit gestern am späteren Nachmittag ist der Rocky IV-Soundtrack „Final Countdown“ von der Band „Europe“ fester Bestandteil meiner Playlist. Der steinige Weg der Engländer in das Finale der Europameisterschaft in Berlin mit dem wahrscheinlich letzten großen Auftritt von Gareth Southgate an der Seitenoutlinie der Three Lions. Würde mich jemand fragen, wer gewinnt, dann wäre meine emotionale Antwort England. Das Team entwickelte eine außerordentliche Siegesmentalität, jeder Spieler ist überzeugt, Teil eines neuen Fußballkapitels in England zu werden. Es könnte eine epische Geschichte sein, die wahrscheinlich Jahrzehnte in Pubs nacherzählt wird und mit einer Statue an einem heiligen englischen Fußballort ihren historischen Höhepunkt erlebt.

Wäre da nicht noch eine spanische Armada im Weg, welche ungeschlagen im Turnierverlauf die rot-gelben Segel auf EM-Titel Nummer vier setzt. Bumm! Was für ein Spiel also! Die Titel erprobte Mannschaft von Luis de la Fuente ist das Team der Stunde, entzückt und begeistert Fußball-Europa mit hochgeschobenen Flügelspielern und aggressivem Pressing. 13 Volltreffer im gesamten Turnierverlauf und somit knapp doppelt so viele wie Harry Kane und Co machen Spanien zur gefährlichsten Offensive. Fußball-Großmächte wie Deutschland und Frankreich wurden ganz einfach gesagt ausgespielt.

„Don’t worry, be happy“ könnte Gareth Southgate bei der letzten teamtaktischen Analyse im Hotel gegen 16 Uhr anstimmen, mit einer gewissen Lockerheit und Gelassenheit die Außenseiterrolle genießen, und trotzdem mit vollem Fokus, aggressivem Zweikampfverhalten und Effizienz den zweiten Titel in der Geschichte Englands über den Ärmelkanal bringen. Es gibt alle Hände voll zu tun in der Vorbereitung auf das Match. Die linke spanische Seite im Griff behalten etwa, Rodri ein bisschen mehr unter Druck setzen und sich nicht zu tief fallen lassen. „Easy as that?“ Für England bedarf es keines besonderen Tages gegen Spanien, wenn Foden und Co so lebendig aufgeigen wie im Habfinale.

Ehrlich gesagt, bin ich leicht nervös. Ein Gefühl, das wir alle kennen, wenn wir vor großen Entscheidungen, großen Leistungen oder großen Spielen stehen. Jedem einzelnem Akteur geht es genau so heute im Spielertunnel, wenn der Henri-Delaunay-Pokal jedem entgegen glänzt. Bei einem Sieg Englands bekommen garantiert viele meiner Freunde auf der Insel emotional bedingt glasige Augen, ich würde die Hände bis in die frühen Morgenstunden oben lassen. Enjoy the game!  

Johnny Ertl (41), Ex-Fußballer mit Stationen bei Sturm, Austria Wien, Crystal Palace, TV-Experte, Forstwirt, Unternehmer

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