Jänner 2024, die österreichische Handballnationalmannschaft hat die historische Chance, mit einem Sieg gegen die bereits abgeschlagenen Isländer ins EM-Halbfinale einzuziehen, und verliert, nachdem man die erste Halbzeit komplett verschlafen hat. Mai 2024, die österreichische Eishockeynationalmannschaft hat die historische Chance, sich mit einem Sieg gegen Fixabsteiger Großbritannien für das Viertelfinale zu qualifizieren, und verliert, weil man im letzten Drittel zu wenig Saft im Tank hat. Juli 2024, die österreichische Fußballnationalmannschaft hat die historische Chance …

Das Ergebnis ist bekannt. Wie die Handballer und Eishakler haben auch die Ballesterer ein großartiges Turnier gespielt, phasenweise begeistert, aber am Ende sind auch sie gescheitert. Drei ähnliche Turnierverläufe mit allesamt demselben enttäuschenden Ausgang für die Unsrigen. Gibt es eine österreichische Krankheit, eine unbewusste Angst vor dem Gewinnen? Fehlt uns das notwendige Testosteron, die Coolness oder einfach der dumpfe Nationalstolz-Tunnelblick? Haben wir ein Verlierer-Gen in den Knochen, sind wir zu gescheit für Sport, oder lieben wir einfach den Hätti-wari-täti?

Es ist so unerklärlich wie die langen Schlangen vor Damentoiletten auf Flughäfen, aber Österreich und das Gewinnen verhalten sich wie gleiche Pole, sie stoßen einander ab. Oder liegt eine Quantenverschränkung vor, die Österreich immer mit einem Verliererteilchen verbindet? Wenn es so etwas wie eine nationale Mentalität gibt, speist sie sich aus „Auf-dich-werdens-grad-warten“- und „Nichts-gesagt-ist-gelobt-genug“-Sprüchen. Eine seltsame Mischung aus Minderwertigkeitskomplex und Größenwahn, die zwischen Jetzt-erst-recht und Vollkasko-Mentalität pendelt. Sind wir zu verhätschelt vom Sozialstaat, übersubventioniert und träge? Ist der Österreicher zu nervös, wenn es wirklich darauf ankommt? Oder liegt es an unserer katholisch geprägten Lust am Schmerz, die jede Niederlage als kleine Buße gutschreibt, uns ein paar Sammelmarken für das Pickerlheft der Ewigkeit bringt?

Nein. Wir sind uns unserer Größe durchaus bewusst und einfach bescheiden. Gewinnen-wollen ist eine Form von Eigennutz und Egoismus, die wir gar nicht notwendig haben. Was gibt es Unangenehmeres als Menschen, die nicht gelernt haben zu verlieren? Wir können das. Schlachten, Weltkriege, Entscheidungsspiele. Wir müssen uns nicht als Sieger produzieren. Wir wissen, Jubel macht hässlich. Das ist zwar manchmal hart, macht Österreich aber sympathisch, lebenswert und selbstironisch. Darauf kann man stolz sein. Vielleicht sogar mehr als auf ein Team, das es ins Halbfinale schafft. Aber schön wäre es halt doch gewesen.