Die Yellow Press titelte „Belly Ache“ – übersetzt “Bauchweh”. Und das sollte man derzeit bekommen, wenn man dem wahrscheinlich teuersten Kader dieser EM-Endrunde, den Engländern, derzeit auf die Beine schaut. Kein Zug zum Tor, wenig griffige Offensivaktionen, sehr müder und langsamer Spielaufbau. Und das. obwohl sich im Kader von Gareth Southgate einige flinke Spieler befinden. Mit Phil Foden oder Bukayo Saka sollte die Post vorne abgehen, mit Kyle Walker, der schon einmal mit 37,8 Kilometer pro Stunde „geblitzt“ wurde, haben die „Three Lions“ sogar den schnellsten Verteidiger der Premier League in ihren Reihen.
Mit einer ähnlichen Geschwindigkeit wurde ich zu Beginn der EM in Rudersdorf geblitzt, der bläulich schimmernde Rsb-Brief, zugestellt vom gelben Logistikdienstleister, ist wohl nur eine Frage der Zeit. Zeitlich begrenzt wird auch die bis dato unglaubliche achtjährige Amtszeit von Gareth Southgate sein. Nach dem torlosen Unentschieden im letzten Gruppenspiel gab es ein englisches Pfeifkonzert und ein paar fliegende Spirituosen in Richtung des England-Coaches.
Spielstarke Matrosen könnte er besser gebrauchen, um das vermeintlich sinkenden „Southgate-Schiff“ friedlich über den Ärmelkanal zu lotsen. Schaut man auf die Tabelle, haben aber doch John Stones & Co ihre Gruppe gewonnen, nur ein Tor zugelassen und sitzen am besseren Turnier-Ast. Alles richtig gemacht? Nun ja, der Titelfavorit mit fußballerischer Schonkost, manche Stammspieler spielen in ihren Vereinen andere Rollen als im Nationalteam. Außerdem ist das taktische Konstrukt von Gareth Southgate sehr starr ausgerichtet, mit wenig Witz, Innovation und frischem Wind.
Die Hoffnungen liegen auf Ergänzungsspielern wie dem 19-jährige Shootingstar Kobie Mainoo von Manchester United, der gegen Slowenien erstmals EM-Luft schnuppern durfte. Einen Mix aus Luka Modric, Andrea Pirlo und Clarence Seedorf sehen Experten im Mittelfeldjuwel. Kein schlechter „internationaler DNA-Mix“ als Vorschusslorbeeren. Und der Junge ist extrem stark darin, Drucksituationen zu lösen und auf engem Raum Bälle zu verarbeiten. So oder so: Heute bedarf es einer immensen Leistungssteigerung von Harry Kane & Co, denn sonst können die physisch starken Slowaken unisono in ihre Richtung singen: „It’s never coming home ...“
Johnny Ertl (41), Ex-Fußballer mit Stationen bei Sturm, Austria Wien, Crystal Palace, TV-Experte, Forstwirt, Unternehmer