Egal ob Bundesliga oder Europameisterschaft, in der Stunde nach dem Schlusspfiff sollte es üblicherweise so funktionieren: Die Trainer kommen zu einer Pressekonferenz. Den Spielern kann man in der so genannten Mixed Zone mehr oder weniger gelungene Fragen stellen. Im weitläufigen Berliner Olympiastadion dauerte es sehr lange, bis sich ÖFB-Spieler zu Wortspenden dorthin verirrten. Dafür ließ sich ein anderes Phänomen beobachten.
Man könnte fast meinen, dass österreichische Journalisten in der Mixed Zone mehr Interviews gaben als österreichische Spieler. Dabei ging es nur sekundär darum, die Wartezeit totzuschlagen. Die primäre Erkenntnis ist, dass das Nationalteam immer mehr in den Fokus internationaler Medien rückt, die sich zuerst einmal bei einheimischen Beobachtern erkundigen, wie und warum denn Österreich so stark sein kann. Das ist gut und erfreulich. Je weiter es im Turnierverlauf geht, desto mehr steht man eben nicht nur im nationalen Rampenlicht.
Selbstverständlich drehen sich die Fragen vor allem darum, wie Ralf Rangnick das denn bitteschön hingekriegt hat. Als hätte er seine Spieler kollektiv in einen Zaubertrank geworfen, dieser schlaue Magier. Aber den Teamchef kennt man nun mal international, ein bei Turnieren auftrumpfendes Nationalteam kommt im Vergleich offenkundig exotisch daher. Spielt ihr immer so? Was war der Schlüsselmoment? Wo soll denn das noch hinführen? Können wir das „Geheim“ bei Geheimfavorit schon streichen?
Eine kurze Wortspende habe ich auch abgeben. Der spanische Kollege erkundigte sich nach der Rolle von David Alaba als „Non Playing Captain“. Dabei wollte er unter anderem wissen, ob der Kapitän – wenn fit – für Österreich denn genauso wichtig wäre wie für Real Madrid. Nun gut, über Alabas herausragende Bedeutung für Rot-Weiß-Rot muss man nicht streiten. Zur Sicherheit wies ich ihn also etwas ironisch darauf hin, dass Alaba beim Champions-League-Sieger schon auch von halbwegs talentierten Mitspielern umgeben ist. Sein Einwand: „Yes, but here is Sabitzer!“ Gefällt mir ausgezeichnet, wie der internationale Respekt vor dem ÖFB-Team und seinen Spielern steigt. An uns Journalisten soll es nicht scheitern, wir erzählen sehr gerne noch längere Zeit, wie und warum…