Diese fast unglaublichen Szenen in Berlin werden noch lange in Erinnerung bleiben. Ein Tag, an dem man die Regie nicht besser hätte führen können. Das Olympiastadion prall gefüllt in orange, weiss und rot, durch das offene Marathontor des Ovals schien der Himmel zum Greifen nahe zu sein. Und das österreichische Team packte diese Chance mit beiden Händen. Mit enorm viel Teamgeist, Laufbereitschaft und Willen unterstrich die Mannschaft abermals, welch großer Fortschritt die ÖFB-Nationalmannschaft unter Ralf Rangnick in den letzten zwei Jahren vollzogen hat.

Und das Schöne ist: Wenn es darauf ankommt, ist mit uns nun wirklich zu rechnen. Drei Tore gegen eine Mannschaft, die wahrscheinlich die besten Verteidiger des Turnieres stellt. Zweimal den Ausgleich hinzunehmen, um dann wieder in Führung zu gehen. Das spricht für den außerordentlichen Charakter und die außerordentliche Mentalität der Spieler. Der Schuss aus spitzem Winkel mit links ins obere kurze Eck von Marcel Sabitzer bleibt für immer in den Köpfen verankert. Es ist der Moment, für den und von dem Fußballer leben. Instinktiv die richtigen Entscheidungen zu treffen, ohne nachzudenken. Raum und Zeit verschmelzen, du als Spieler bist nur im Jetzt. Und es brauchte nur einige Millisekunden länger, bis das 3:2 für Fußball Österreich realistisch wurde. Die Flugbahn des Balles hob sich über den Arm des jungen Torhüters Bart Verbruggen, ging quer durch das Tor und ließ das Netz im rechten oberen Eck sensationell bauschen. Ein Statement, dieser satte Schuss, der obendrein den Gruppensieg brachte und wahrscheinlich einer der größten Überraschungen dieser EM-Endrunde ist.

Das „kleine“ Österreich ganz „groß“ da. Nicht zu vergessen ist, wieviel Vorarbeit hinter diesem Erfolg steckt. Den Kader so zusammenzustellen, dass er harmonisch ist. Zu begreifen, welcher Spieler was braucht. Eine klare Struktur und authentische Kommunikation zu entwickeln, Führungsspieler auch mal rauszunehmen zu können, um der Breite des Kaders Vertrauen zu schenken. Dem Team das Gefühl der Zusammengehörigkeit zu vermitteln, wo jeder einzelne nur das Beste für den anderen möchte. Und mit jedem weiteren Bild, das ich gestern in den Sozialen Medien noch von unserem Team sah, ging mir das Herz auf. Frei nach „Sabis“ Worten in der Pressekonferenz Worten: Wir arbeiten sehr hart, aber wir feiern auch sehr gut. Jetzt hat Fußball Österreich einmal bis Montag Zeit, sich die ausgedruckte Tabelle auf den Kühlschrank zu heften. Passiert ja nicht alle Tage, dass man Welt- und Europameister hinter sich lässt.

Grandios! Love it!

Johnny Ertl (41), Ex-Fußballer mit Stationen bei Sturm, Austria Wien, Crystal Palace, TV-Experte, Forstwirt, Unternehmer

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