Dem Österreichischen als Identitätsstifter begegne ich für gewöhnlich vor allem jenseits von Österreich, wenn mich ein kasachischer Grenzbeamter, nachdem er einen ernsten Blick auf meinen Pass geworfen hat, mit „Mozart!“ grüßt, ein junger Mann in Peru ein Ottakringer-T-Shirt trägt, oder man sich in einem afrikanischen Land höflich noch Jahre nach seinem Tod nach Jörg Haider erkundigt. Während der Europameisterschaft aber wird man plötzlich auch im Inland zum waschechten Österreicher, bekennt Farbe, errötet und erblasst, wird zum Leiberlpatrioten, und verschmilzt mit jenen, die man sonst die anderen nennt, auf den Fußballtribünen zum großen rot-weiß-roten Wir. Der alte Zaubertrick des Fußballs ist, dass er in Sekundenbruchteilen Zugehörigkeiten schafft. Und wer noch zögert, mit seiner Liebe gar zwischen zwei gegeneinander spielenden Mannschaften schwankt, weiß im Augenblick der ersten Torchance intuitiv sofort, wem sein Herz gehört, je nachdem, ob es einem als Reflex leicht wird oder schwer, wenn der Ball knapp am Tor vorbeigeht.