Heuer fehlte mir der Wecker, der rechtzeitig alle vier Jahre in einem drin klingelt, der innere Anpfiff blieb aus. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber auch als Fußballliebhaberin hat mich die Idee der Europameisterschaft in diesem Jahr lange eigenartig kalt und gleichgültig gelassen, denn inmitten der besorgten Alltagsnachrichtenwelt von Kriegen und Eskalationen hatte sie schlicht keinen Platz. Dass die Welt gerade ein Ort ist, an dem einem das Unbeschwerte schwerfällt, heißt möglicherweise auch, dass die Menschen eine große Ablenkung besonders dringend nötig haben. Sportgroßereignisse fungieren traditionell als Setzkasten für alle zur Verfügung stehenden Gefühle. Eine gemeinsame Begeisterung, eine unerwartete Hoffnung, aufgesparte Schimpftiraden, Grund zum Jubel, oder Gelegenheit für eine gepflegte Feindschaft im Taschenformat kann man dieser Tage gut gebrauchen, egal wer man ist, egal für wen man hält, egal für wen man sich hält.