Ohne Glanz und dank Nerven vom Elfmeterpunkt sind Frankreichs Minimalisten ins Halbfinale der Fußball-Europameisterschaft in Deutschland eingezogen. Der Vize-Weltmeister gewann am Freitag das von Taktik und Sicherheit geprägte Viertelfinale gegen Portugal nach ereignisarmen und torlosen 120 Minuten mit 5:3 im Elfmeterschießen. Im Halbfinal-Schlager trifft die „Équipe Tricolore“ am Dienstag (21.00 Uhr) in München auf Spanien.
Die Franzosen verwandelten im Elfmeterschießen alle fünf Versuche gegen Diogo Costa, der im Achtelfinale gegen Slowenien mit drei gehaltenen Elfern Portugals Held war. Nachdem Joao Felix nur die Stange getroffen hatte, schoss Theo Hernandez den Favoriten zum Sieg.
Frankreich steht mit einer unglaublichen Bilanz in der Runde der besten vier: Das Star-Ensemble hat in fünf Spielen noch kein einziges selbst herausgespieltes Tor erzielt, ein verwandelter Elfmeter von Kylian Mbappé und zwei Eigentore hatte den zweifachen Europameister ins Viertelfinale gebracht.
Rasenschach in Hamburg
Die 50.000 Zuschauer im Hamburger Volksparkstadion erlebten ein „Rasenschach“, wie es von beiden Mannschaften schon im bisherigen Turnierverlauf zu sehen war: defensiv kompakt, auf Ballbesitz bedacht und langsam im Spielaufbau. Die hochkarätigen Stürmer auf beiden Seiten, angeführt von den Superstars Mbappé bzw. Cristiano Ronaldo, konnten so lange nicht in Szene gesetzt werden. Für den einzigen Torschuss vor der Pause sorgte Verteidiger Hernandez (20.) aus der Distanz, Torchance gab es gar keine.
In der zweiten Halbzeit stand zunächst Mbappé im Mittelpunkt. Der künftige Real-Madrid-Stürmer gab einen Torschuss ab (50.), kam an eine Hernandez-Hereingabe nicht heran (52.) und krümmte sich nach einem Ball ins Gesicht vor Schmerzen an der im EM-Auftaktspiel gegen Österreich gebrochenen Nase (55.). Zur Halbzeit der Verlängerung ging Mbappé schließlich vom Platz.
Nach einer Stunde kam plötzlich Leben ins Spiel. Zunächst wurde Portugal gefährlich. Bruno Fernandes (61.) und Rafael Leao (63.) hatten den Führungstreffer am Fuß, scheiterten aber an Torhüter Mike Maignan. Auf der Gegenseite wurde ein Schuss von Randal Kolo Muani gerade noch abgeblockt (66.), Eduardo Camavinga verzog um wenige Zentimeter (70.), ebenso Ousmane Dembélé (74.).
Zu Beginn der Verlängerung trat erstmals auch Ronaldo in Erscheinung, sein Schuss verfehlte das Ziel aber weit (93.). Leao (102.), der eingewechselte Joao Felix (108.) und Nuno Mendes (120.) sorgten für weitere Gefahr, aber der „Blaue Bunker“, wie „L‘Équipe“ das defensive Bollwerk der Truppe von Didier Deschamps nannte, hielt. Frankreich kassierte bisher nur einen Gegentreffer aus einem Elfmeter und ist weiter im Rennen um seinen dritten EM-Titel.