Cristiano Ronaldo polarisiert. Und das nicht erst seit kurzem. Der 39-Jährige war seit der EM 2004 im eigenen Land mit Portugal bei jedem Großereignis dabei, die Europameisterschaft in Deutschland ist sein elftes und wohl letztes großes Turnier mit der Nationalmannschaft. Der Portugiese – das steht schon lange fest – wird als einer der besten Fußballer der Geschichte in Erinnerung bleiben. Fünf Champions-League-Titel, ein Europameistertitel, fünfmal als Weltfußballer ausgezeichnet und insgesamt 18 Mal Torschützenkönig eines Bewerbes. Und doch hat der auf Madeira geborene Ausnahmekönner seit jeher zahlreiche „Hater“, wie man im Jugendjargon sagt. Der Grund: Ronaldo wirkt auf dem Feld teilweise – ohne Zweifel – arrogant. Der persönliche Erfolg schien ihm oft wichtiger als jener des Teams. So zumindest die Meinung der Kritiker. Auch das Image einer „Heulsuse“ wird ihm immer wieder nachgesagt.
Zumindest bei zweiterem Vorwurf hat Ronaldo seinen Kritikern im EM-Achtelfinale gegen Slowenien neues Futter gegeben. Als der Superstar, der seit einem Jahr in Saudi-Arabien spielt, in der Verlängerung vom Elfmeterpunkt an Sloweniens Star-Goalie Jan Oblak gescheitert ist, brach eine Welt für ihn zusammen. In der Halbzeit der Verlängerung flossen bei Ronaldo bittere Tränen, der Kapitän konnte seine Mitspieler nicht pushen, wie er es 2016 beim Titel nach seiner verletzungsbedingten Auswechslung getan hat. Vielmehr waren es die jungen Spieler, die ihre Fußball-Ikone aufmuntern mussten. Rafael Leao, Bruno Fernandes und Co waren selbst noch Kinder, als Ronaldo vor 20 Jahren erstmals bei einer EM gespielt hat. Nun mussten sie ihr Idol aufbauen, um die Chance auf den Aufstieg zu wahren. TV-Experten und Fans anderer Nationen zerrissen den emotionalen Zusammenbruch Ronaldos. „Lächerlich, absolut lächerlich“, heißt es in den sozialen Netzwerken. Der Altstar hätte doch wohl bis nach Spielende mit den Tränen warten können, liest man auf diversen Plattformen. „So ist der Fußball nun einmal. Es gibt Augenblicke, die man nicht erklären kann, wo die Leidenschaft einfach durchgeht“, erklärte Ronaldo seinen Tränenausbruch während der Partie.
Im Elfmeterschießen waren die Tränen Ronaldos getrocknet, der Saudi-Arabien-Legionär übernahm als erster Schütze Verantwortung und traf. Jubel? Fehlanzeige. Vielmehr entschuldigte sich Ronaldo bei den Portugal-Fans hitner dem Tor. Und weil sein Tormann Diogo Costa mit drei gehaltenen Elfmetern zum Helden wurde, war Ronaldos vergebener Strafstoß in der Verlängerung kein Thema mehr. Die emotionale Reaktion danach jedoch sehr wohl. „Zuerst war ich wahnsinnig traurig. Jetzt bin ich sehr glücklich“, sagte der Stürmer. „Unser Tormann hat uns gerettet.“