Es kann nur einen „Honigdachs“ geben. „Uwes Ansprachen vermisse ich tatsächlich noch nicht. In der Doku hat man gefühlt jede Ansprache der Saison gesehen. Irgendwann war es fast schon zu viel“, lacht Alexander Prass, wenn er an die lautstarken und motivierenden Worte denkt, mit denen Co-Trainer Uwe Hölzl die Sturm-Spieler unmittelbar vor Spielbeginn stets auf das Feld schickt. In der Sky-Dokumentation über die Double-Saison avancierte der Assistent von Christian Ilzer mit seiner Vorliebe für Vergleiche aus der Tierwelt zu einem der Hauptdarsteller. In ÖFB-Kreisen gibt es keinen vergleichbaren Heißmacher: „Uwe ist einzigartig, das findet man kein zweites Mal. Er macht das auf seine Art und Weise überragend. Hier sind die Ansprachen etwas anders.“
Gute Laune von Sturm
Auf Betriebstemperatur befindet sich Prass trotzdem. In den bisherigen beiden EM-Matches gegen Frankreich und Polen wurde er jeweils eingewechselt, entsprechend besteht natürlich die Hoffnung auf ein Startelf-Ticket gegen die Niederlande. In gewisser Weise hat der 23-Jährige seine starke Frühjahrs-Form ins Nationalteam gerettet. „Ich habe die gute Laune von Sturm mitgenommen. Die Saison war einfach richtig cool“, unterstreicht Prass, der die Bundesliga-Spielzeit gedanklich dennoch irgendwann hinter sich lassen musste: „Vergessen darf man es natürlich nicht, aber irgendwann abhaken und sich auf die EM konzentrieren.“
Im bisherigen Turnierverlauf ist der Sturm-Spieler eine Art Exot, denn außer ihm kam noch kein Vertreter aus der siebenköpfigen Bundesliga-Abordnung zum Einsatz. Zwei Mal setzte Teamchef Ralf Rangnick in der Anfangsformation ausschließlich auf Legionäre. Niklas Hedl, Leopold Querfeld, Flavius Daniliuc, Marco Grüll, Matthias Seidl und Maximilian Entrup warten noch auf ihre Euro-Premiere. Prass konnte indes schon Akzente setzen, speziell mit seiner herrlichen Vorlage für Christoph Baumgartner zum 2:1 gegen Polen.
„Das war ein überragendes Gefühl, zu diesem Zeitpunkt einfach mega. Aber nicht nur, weil es mein Assist war, sondern weil wir 2:1 in Führung gegangen sind“, so Prass, der von der Geistesgegenwart von Marko Arnautovic profitierte: „Marko hat den Ball perfekt durchgelassen. Gott sei Dank! ‚Baumi‘ verwertet eiskalt. Ein richtig guter Spielzug, mit dem wir das Spiel wieder auf unsere Seite gebracht haben.“
Gegen die Niederlande wartet eine andere Partie. Prass geht davon aus, dass die Elftal „den Ball etwas lieber hat“ und dies dem ÖFB-Team gut liegen könnte: „Weil unser Pressing zur Geltung kommen und wir vielleicht schnell umschalten können.“
Im Nationalteam dient Prass als Linksverteidiger-Alternative zum bereits gelb vorbelasteten Phillipp Mwene, während er in Graz links in der Mittelfeldraute gesetzt ist. Ob die Rolle in der Viererkette perspektivisch eine permanente werden könnte? „Es ist im internationalen Fußball eine gefragte Position“, bestätigt er den Eindruck, dass die Nachfrage am Markt dafür sprechen würde, „ich nehme diese Erfahrung sehr gerne mit. Man wird sehen, auf welcher Position ich in Zukunft spielen werde. Aber Linksverteidiger ist schon eine Rolle, die mir taugt und die ich gut ausfüllen kann.“