Wie zieht man sich als Berliner Polizei den Unmut von so ziemlich allen österreichischen Fußball-Fans zu? Nein, nein, keine Sorge. Am Treffpunkt vieler ÖFB-Anhänger am Breitscheidplatz ging es geradezu vorbildlich friedlich zu. Aber als eine Beamtin bedauerlich wenig Kenntnis über die landesüblichen Bräuche und Sitten zur Schau stellte und ausgerechnet während des Fendrich-Klassikers „I am from Austria“ eine langatmige Durchsage durch die Lautsprecher jagte, erntete sie nicht einmal in Spurenelementen Verständnis. Das Pfeifkonzert wurde vereinzelt mit generellem Feedback für die Polizeiarbeit gepaart, nicht jedes fiel ausdrücklich freundlich aus.
Von diesem unabsichtlichen Störmanöver abgesehen, lachte den ÖFB-Fans die Sonne. 25.000 österreichische Anhänger wurden in Berlin erwartet. Einen offiziellen Treffpunkt oder Fanmarsch wie noch in Düsseldorf gab es diesmal nicht. Am Breitscheidplatz im Schatten der Gedächtniskirche in der Nähe des Zoologischen Gartens stimmten sich jedoch zahlreiche Fans in Rot-Weiß-Rot für das richtungsweisende Gruppenspiel gegen Polen ein.
Ging es nach ihnen, war die Turmruine der Kirche kein schlechtes Omen, dass bereits am selben Abend die EM-Träume einer ganzen Fußball-Nation in Trümmern liegen könnten. Es dominierte ganz klar der Optimismus, wenngleich gefühlt ein wenig vorsichtiger als vor dem Turnier. Da schien die Qualifikation für das Achtelfinale für viele trotz schwerer Auslosung ein Selbstläufer. Auch eine Niederlage gegen Topfavorit Frankreich erschütterte den grundsätzlichen Glauben an das Team von Ralf Rangnick nicht. Grundtenor: „Das wird schon noch!“
Entsprechend fröhlich verlief das Warmsingen. Auch Gert Steinbäckers Hymne „Steiermark“ wurde fleißig mitgeträllert, als ob sich eine ganze Nation die Erfolgs-Vibes aus dem Bundesland des österreichischen Double-Gewinners und Zweitliga-Meisters sichern möchte. Wer mehr an Beistand von oben glaubt, hat sich vielleicht in der Kirche ein Kerzerl angezündet. Um 14 Uhr setzte sich der ÖFB-Fan-Tross vom Breitscheidplatz in Richtung Olympiastadion in Bewegung. Für die Berliner Polizei ein guter Moment, um Pluspunkte zu sammeln. „Ist das alles?“, fragte ein Beamter via Lautsprecher und stellte erstaunliche Kenntnis über die landesüblichen Bräuche und Sitten zur Schau. „Immer wieder, immer wieder…“ stimmte er den österreichischen Fan-Klassiker an. Gut, so viele davon gibt es nicht. Trotzdem, Hut ab! Ausschließlich positives Polizei-Feedback.
Je näher das Olympiastadion kam, desto mehr verfinsterte sich der Himmel, in den zweieinhalb Stunden vor dem Match tröpfelte es vor sich hin. Rangnick ging am Tag davor noch von hervorragendem Wetter aus. Diese Prognose erwies sich als falsch. Aber viel wichtiger ist ohnehin, dass dem ÖFB-Team und seinen Fans beim ersten von zwei „Heimspielen“ in Berlin die Sonne scheint.