Der Auftrag ließ keine Unschärfen zu, also war die Absicht eindeutig und auch als solche erkennbar. Österreichs Nationalteam wollte in diesem entscheidenden Euro-Match gegen Polen von Beginn an keine Zweifel aufkommen lassen, wer auf dem Platz im Berliner Olympiastadion das Sagen hat. Die unter anderem mit Marko Arnautovic und Philipp Lienhart etwas überraschend zusammengestellte Elf von Ralf Rangnick legte unverzüglich los und gab in der ersten Viertelstunde eine unmissverständliche Erklärung ab: „Wir wollen gewinnen.“

Schon nach neun intensiven Minuten unwiderstehlicher Angriffe kam es zum ersten Torjubel für das ÖFB-Team bei diesem Turnier. Gernot Trauner verwertete eine großartige Flanke von Philipp Mwene per Kopf zur 1:0-Führung. Das hätte für noch mehr Ruhe und Sicherheit in der österreichischen Mannschaft sorgen müssen. Das Fundament war gelegt, nun bestand die Aufgabe darin, darauf aufzubauen, ein 2:0 sollte die Lage beruhigen. Doch das Spiel entwickelte sich anders als nach diesem Auftakt vermutet, aber es nahm ein fabelhaftes Ende.

Es begann eine Phase, die den vermeintlichen Ablauf empfindlich störte und Unsicherheit erzeugte. Die Österreicher ließen hier entgegen so mancher Annahme auffällig erkennen, dass der Ballbesitz doch nicht zu ihren Lieblingsdisziplinen zählt. Sie leisteten sich zahlreiche unerklärliche Fehlpässe und stellten streng genommen das Fußballspielen völlig grundlos weitgehend ein.

Das geschah gar nicht einmal verdeckt, und sie weckten mit dieser offen zur Schau gestellten Passivität den Ehrgeiz der am Spiel zuvor kaum interessierten Polen. Ein Warnschuss von Nicola Zalewski wurde nicht ernst genug genommen, und so kam es zum ernsthaften Belastungstest für die Nerven. Krzysztof Piatek schoss zum Ausgleich ein. Die Partie bekam eine andere Richtung. Unmittelbar vor der Pause musste Patrick Pentz bei einem Freistoß seine Parade-Fähigkeiten unter Beweis stellen.

Die nach Seitenwechsel nun wieder vermutete österreichische Dominanz setzte sich zunächst nicht in gewünschtem Ausmaß durch, die Mannschaft hatte gewisse Probleme, ihr Spiel durchzuziehen. Patrick Wimmer war anstelle des fehlerhaften Florian Grillitsch auf dem Feld, etwas später musste Trauner verletzt raus, auf polnischer Seite erzeugte die Einwechslung des überraschend nicht in der Startelf aufgebotenen Robert Lewandowsi ordentlich Lärm.

Joker Prass mit Assist für Baumgartner

Dann aber gelang den Österreichern ein perfekter Angriff. Der für Mwene ins Spiel gekommene Alexander Prass schickte den Ball nach einem Arnautovic-Übersteiger herrlich auf Christoph Baumgartner, der eine nur für das Frankreich-Match unterbrochene Tor-Serie mit der neuerlichen Führung fortsetzte.

Damit ergab sich eine geradezu ideale Situation. Österreich besann sich seiner spielerischen Überlegenheit und setzte diese nun auch um. Gleichzeitig ergaben sich durch zwangsweise offensivere Polen größere Räume, und so passierte der die Lage noch etwas mehr beruhigende Zwei-Tore-Vorsprung. Sabitzer lief nach einem weiten Pentz-Abschlag allein auf Szczesny zu, der Torhüter brachte den Dortmund-Legionär zu Fall und Arnautovic verwandelte den Elfmeter. Binnen weniger Minuten hätte Österreich nachlegen können. Szczesny verhinderte mit einer Glanzparade das 4:1, dann verfehlte Konrad Laimer aus spitzem Winkel knapp das Tor. Die Polen hatten keine Idee mehr und nicht die Mittel. Dann erklang „I am from Austria“.