Die türkische Fußballwelt scheint seit dem 3:1 zum Auftakt der Nationalmannschaft bei der EM gegen Georgien wieder in Ordnung. Riesenjubel brannte nicht nur in Dortmund, sondern in einer ganzen Nation auf. Dabei kaschiert der sportliche Erfolg einiges, was in den letzten Monaten in der Türkei schiefgelaufen ist, nährt aber genauso die Hoffnung vieler Fans nach endlich wieder positiven Meldungen.
Die türkische „Süper Lig“ lieferte in der abgelaufenen Saison Negativschlagzeilen am laufenden Band. Die letzte gab es von den Fans von Fenerbahce und Trabzonspor, die sich untereinander und mit den Profis beider Klubs in Trabzon einen gewalttätigen Schlagabtausch lieferten. In dem wurde auch der Ex-Rapidler Mert Müldür, Spieler von Fenerbahce und 1:0-Torschütze der Türken gegen Georgien, von Anhängern mit einer Fahnenstange gejagt. Strafen und Sperren folgten auf dem Fuß.
Für den traurigen Höhepunkt der Unkultur, die in den letzten Monaten in der Türkei Einzug gehalten hat, zeichnete Faruk Koca, Präsident von Anakaragücü, allerdings bereits im Dezember 2023 verantwortlich. Er attackierte Schiedsrichter Halil Umut Meler nach einem 1:1 seines Klubs gegen Rizespor und schlug den Spieloffiziellen zusammen. Weitere auf den Platz gestürmte Personen traten sogar auf den Referee ein, der danach mit einem Schädeltrauma ins Krankenhaus musste.
Koca selbst wurde in der Folge festgenommen, der Verband sperrte den Funktionär lebenslang. Meler ließ sich davon hingegen nicht entmutigen, betrat bereits einen Monat später wieder den Fußballplatz und wird am Freitag (18 Uhr, Servus TV) auch Österreichs richtungsweisendes EM-Gruppenspiel gegen Polen pfeifen. Bereits bei der slowakischen 1:0-Sensation gegen Belgien leitete Meler das Spiel. Auch Österreich hat gute Erfahrungen mit dem 37-Jährigen gemacht. Er pfiff zwei Champions-League-Auftritte von Salzburg, beide gewannen die Bullen. 2021 daheim gegen Lille (2:1), 2023 in Lissabon bei Benfica (2:0).