Sechs Minuten benötigten die Spieler des SK Sturm, um die Stimmung in der Merkur-Arena richtig anzuheizen. Kaum jemand von den 10.825 Besuchern, darunter auch der ehemalige Goalgetter Rasmus Höjlund, hielt es in dieser Phase des Spiels auf dem Sitzplatz. Zwischen der 48. und der 54. Minute drehten die Schwarz-Weißen das Spiel gegen den WAC.
Die Kärntner führten durch einen Treffer von Tai Baribo seit der 25. Minute. Er nützte einen Fehler in der Grazer Hintermannschaft und ließ Sturm-Tormann Jörg Siebenhandl keine Chance. Wenig später parierte der Goalie per Kopf eine Großchance von Maurice Malone. „Mir brummte das ganze Spiel lang der Schädel, aber jetzt geht es wieder“, sagte Siebenhandl nach dem Spiel. Er ist froh, dass die Mannen vor ihm nach der Pause das spielerische Heft in die Hand genommen haben. In den ersten 45 Minuten konnten die Sturm-Akteure das Spiel der Kärntner nicht lesen, brachten ihr sonst so aggressives Spiel nicht auf den Rasen. Zu gut agierten die Gäste, zu unbeholfen stellte sich die heimische Truppe an.
War es die Müdigkeit vom Lazio-Spiel vom Donnerstag? Schwer möglich. Sturm-Trainer Christian Ilzer rotierte wieder, stellte sechs neue Protagonisten in die schwarz-weiße Startelf. Was war es dann? Es war nicht die körperliche Müdigkeit, es war die mentale Erschöpfung. So sagte es Ilzer nach dem Spiel. Ein Fußballer sei in der Lage, innerhalb von drei Tagen, die Energiespeicher wieder aufzufüllen. Mit der mentalen Komponente ist es ein schwierigerer Umgang. „Darauf muss man einwirken. Das ist nicht immer leicht.“ Ist der Kopf träge, sind die Füße nicht frisch genug, um Akzente zu setzen. So ist es den Schwarz-Weißen in der ersten Hälfte passiert.
Nach der Pause nahm Ilzer einen Doppeltausch vor, brachte Otar Kiteishvili und Alexander Prass für Manprit Sarkaria und Stefan Hierländer. Und dann kamen diese unglaubliche sechs Minuten. Kiteishvili (48.) stellte aus kurzer Distanz auf 1:1, nachdem ihm Gregory Wüthrich mit Köpfchen assistiert hatte. Nach dem nächsten Standard lieferte William Böving eine maßgenau Flanke auf den Kopf von Alexandar Borkovic (51.) – 2:1. Und kurz darauf spitzelte Albian Ajeti (54.) mit dem großen Zeh den Ball in die lange Ecke zum 3:1.
„Die Analysen haben nicht gereicht, die Mannschaft hat das Erlebnis von einer Hälfte gebraucht, dann haben sie es kapiert“, sagte Ilzer. Der WAC war weichgeklopft und der mentale Moment plötzlich aufseiten der Grazer. Im Finish ergaben sich dann noch einige gute Konterchancen. Genützt wurde keine. Im Gegenteil. Thorsten Röcher (90.) gelang nach einer unglücklichen Aktion von Siebenhandl und Ivan Ljubic der Anschlusstreffer.
„Bis auf die absolute Schlussphase, in der wir ein Gegentor hinnehmen haben müssen, hat mir die zweite Hälfte sehr gut gefallen“, resümierte Ilzer, der gestern zum 100. Mal als Sturm-Trainer an der Linie stand. Und mit dem 3:2-Sieg ist auch die Negativserie gegen den WAC von sieben Heimniederlagen in Folge beendet.