Es war eine Überraschung für die Spielerinnen und sollte ihnen die letzte Motivation vor dem EM-Auftakt in England geben: Maria Plattner, die sich vor wenigen Tagen im Training das Schlüsselbein gebrochen hatte und zur Behandlung nach Österreich gereist war, begrüßte ihre Teamkolleginnen bei der Ankunft im Old Trafford von Manchester. Später wurden die Spielerinnen von 68.871 Fans im Stadion begrüßt – so viele wie noch nie bei einem EM-Spiel der Frauen. Das hat sich auch auf den Lärmpegel ausgewirkt. Bei einem Männer-Spiel wäre es nicht lauter gewesen, nur die Tonlage war etwas höher als gewöhnlich.

Auf dem Spielfeld agierte die Mannschaft von Teamchefin Irene Fuhrmann gegen den Titelfavoriten zu Beginn gleich mutig, hatte in der fünften Minute die erste Offensivaktion durch Sarah Zadrazil. Die Truppe von Coach Sarina Wiegman dominierte das Spiel in Folge aber, hatte viel mehr Ballbesitz. Und belohnte sich in der 16. Minute mit dem Tor zum 1:0: Beth Mead schlich sich hinter Verena Hanshaw weg, lupfte den Ball über Manuela Zinsberger und Carina Wenningers Klärungsversuch kam zu spät, der Ball hatte die Linie bereits im vollen Umfang überquert.

Die Nummer acht der Welt war in fast allen Belangen besser, Rekordtorschützin Ellen White hätte nur zehn Minuten nach der Führung per Kopf beinahe auf 2:0 gestellt, verfehlte das Tor aber knapp. Die große österreichische Anhängerschaft, angeführt von ÖFB-Präsident Gerhard Milletich, Vizekanzler Werner Kogler sowie Frauenministerin Susanne Raab, wollte der Mannschaft die nötige Unterstützung bieten, skandierte "Ausgleich" oder "Steht auf für Österreich". Doch gegen die englische Übermacht war auf dem Feld kein Kraut gewachsen. Auch körperlich. So verlor Wenninger unmittelbar vor der Halbzeit den Ball am eigenen Strafraum – doch Zinsberger konnte klären.

Wie stark der Zusammenhalt im ÖFB-Team ist, zeigte sich direkt nach Ende von Spielhälfte eins. Alle Ersatzspielerinnen liefen auf den Rasen, um ihre Teamkolleginnen zu pushen, aufzumuntern. Österreich spielte brav, aber das ist gegen ein Team von der Klasse Englands nicht ausreichend. Wiegman konnte es sich gar erlauben, nach knapp einer Stunde ihre beiden Offensiv-Stars White und Mead vom Platz zu holen. Apropos Offensive: Da hatte der Außenseiter zu Beginne der zweiten Hälfte kaum etwas zu bieten. Die Kärntnerin Katharina Naschenweng versuchte es per Linksschuss, dieser ging aber neben das Tor.

Earps hat Führung nach Dunst-Schuss festgehalten

"Lionesses"-Torfrau Mary Earps musste erstmals in der 78. Minute eingreifen, als sie einen guten Schuss von Barbara Dunst parierte und den Sieg festhielt. Am Montag in Southampton muss Österreich gegen Nordirland gewinnen, um am 15. Juli in Brighton gegen Norwegen ein "Endspiel" um das Viertelfinalticket zu haben.