Mein letzter Expertentipp heuer: Niemals wird Slowenien Fußball-Welt- oder Europameister, Ljubljana niemals Austragungsort eines WM-, EM- oder Champions-League-Finales. Aber dennoch: Ljubljana, du bist nicht die geringste unter den Kapitalen Europas, denn in deinem Schoß (ganz genau genommen im Schoß von Grosuplje, einer Kleinstadt südlich von Ljubljana) wurde Aleksander Ceferin geboren!
Am 14. September 2016 wurde Ceferin zum siebenten Präsidenten der UEFA gewählt. Präsidentennummerieren klingt ein bissel nach United States. Jedenfalls ist er sehr mächtig, viel mächtiger als zum Beispiel der Präsident Sloweniens. Wie alle Präsidenten umgibt ihn vom Amtsantritt weg die Aura eines diffusen Verdachts, der von undurchsichtigen Machenschaften über Widersprüche im Lebenslauf bis zu obskuren Geldflüssen reichen kann …
So ein Präsident wird ja nicht von Gottes Gnaden inthronisiert, sondern muss sich wählen lassen, wenn auch nicht vom Fußballfußvolk, sondern von Wahlmännern. Und die muss man irgendwie kriegen. Das weiß auch ein slowenischer Anwalt, Hobby-Futsal-Kicker und Außendecker vom FC Ljubljana Lawyers, dass Politik Diplomatie und Intrige bedeutet! Aber einmal gewählt, ist die Macht üppig: Er kann Staatsstreiche von Real, Barça, Manchester u. a. und deren Super-League im Handumdrehen niederschlagen, indem er die Abtrünnigen diskreditiert und ihnen und deren Spielern scharf mit Ausschluss und Verbannung droht. Dagegen kann er die undurchsichtige Nations League erfinden, die zur Folge hat, dass nicht nur Nationen wie Nordmazedonien oder Finnland bei der Euro mittun konnten, sondern sogar Österreich nächstes Jahr nach einem Vierteljahrhundert wieder einmal zu einer WM kommen könnte! Demnächst wird die Frage virulent, wer profitiert, falls Skandinavien die Euro 2028 erhält.
Den letztjährig-heurigen Paneuro-Euro-Murks musste Ceferin von Vorgänger Platini übernehmen. Ceferin Bestreben, die Amtszeiten eines Präsidenten auf zwölf Jahre zu begrenzen, klingt fast nach Magna Carta; ebenso eine Verschärfung des Financial Fairplay. Dobro! Ich wurde in den letzten vier Wochen einmal von einer Redakteurin gefragt, wer denn heuer Europameister würde, und ich habe geantwortet: Europameister wird wie jedes Mal die UEFA!
Nicht die wesentlichste, trotzdem aber eine wichtige Aufgabe des UEFA-Präsidenten ist natürlich das Siegerehren. Ich finde, es sieht ein wenig nach Fließbandarbeit aus, wenn der UEFA-Präsident krampfhaft kerzengerade lächelnd seinen linken Arm zweiundzwanzig Mal oder öfter maschinell wie ein Bagger oder ein Hampelmann mit geöffneter Handfläche nach hinten fahren lässt, damit der Adjutant ihm eine Medaille nach der anderen auf die Hand legen kann. In diesen Momenten schaut der gute Aleksander Ceferin aus wie seine eigene Marionette.
Schauen Sie sich das an!
Egyd Gstättner