Was wäre eine EURO ohne unseren Italienausflug am Tag danach?“ wonneseufzt mein Freund, der analytische Philosoph Dr. Zebedin auf der Piazza Dante von Pontebba am alten österreichisch-italienischen Grenzstein von 1918 – es ist unsere erste Post-Corona-Auslandsreise. Wir sitzen in der Bar alla Posta und trinken Cappuccino. Zebedin pafft seine Pfeife und schlägt tief befriedigt die rosarote Gazzetta dello Sport auf, das letzte Exemplar, das wir in Tarvis ergattert haben: „FIESTA! ITALIA A WEMBLEY: È FINALE!“ steht am Titelblatt. Darunter die jubelnden Italiener rund um Mancini, Insigne trägt das Trikot des schwer verletzten Spinazzola. Und: Londra azzurra! Aber fast noch wichtiger: Dr. Zebedins Lieblingsspieler, che capitano Giorgio Chiellini, mittlerweile 36 anni, hat die Note 7 erhalten! Bravissimo!
Chiellini ist Dr. Zebedins Lieblingsspieler, denn er hält (auch wenn man das der alten Ulknudel, die vor dem Elferschießen mit dem Gegner witzelt, nicht ansieht) im Spitzenfußball die Akademikerehre hoch – und es könnte sein, dass erstmals in der Geschichte der EURO ein Akademiker Europameister wird! Gaudeamus igitur! Zwar kickt er nach wie vor mit seinen Juve-Buben Chiesa und Morata und lässt sie im Semifinale die Tore schießen), aber berufen ist er zu Höherem: Zwar hat Chiellini nicht über den Geist von Turin, Calvino, Pavese, Ginzburg, Einaudi und die Wiedergeburt Italiens dissertiert, aber es lässt sich nicht bestreiten: Dottore Chiellini ist Absolvent der Universität Turin, der Titel seiner Abschlussarbeit als Betriebswirt lautet „Die Bilanzen von Fußballklubs am Beispiel von Juventus Turin“. Seltsame Dissertationen gibt es heutzutage! Was kann man denn da werden? Vereinskassier? Das steht in der Gazzetta leider nicht. Na ja, kann ja nicht jeder analytischer Philosoph werden. (Weiter hinten steht übrigens, dass l`austriaco Grillitsch convince Spalletti – das ist der Napoli-Trainer; ein Schnäppchen übrigens: 8 milioni. Aber das ist eine andere Geschichte).
Wie auch immer: Jedes Mal, wenn ich bei einer EURO in Pontebba la Gazzetta dello Sport durchblättere, nehme ich mir vor, endlich Italienisch zu lernen. Und jedes Mal nach der EURO vergesse ich meinen Vorsatz gleich wieder. „Sono notti magiche könnte ich (dank Gianna Nannini) gerade noch übersetzen, aber was könnte „Una squadra di leoni Torneremo a Wembley a testa altissima“ bedeuten? Wie wäre es mit: „Eine Löwentruppe kehrt nach Wembley zur letzten Prüfung zurück“? Oder falls falsch: Einfach Dottore Chiellini fragen. Der weiß es!
Egyd Gstättner