Googelt man den italienischen Nationaltormann und gibt als Suchbegriff „Gianluigi“ ein, erhält man als ersten Eintrag schon während des Tippens „Gianluigi Buffon“ und erst danach „Gianluigi Donnarumma“ – als handelte es sich um Vater und Sohn, bei denen zufällig nicht der Familienname, sondern der Vorname gleich ist.
Der italienische Rekordinternationale Buffon ist heute 43 und hat es auf 176 Länderspiele gebracht: Donnarumma hat mit seinen 22 Jahren bereits 30 Länderspiele absolviert, und er ist gewissermaßen wirklich wortwörtlich in die Fußstapfen seines Vorgängers gestiegen. In Italien sind Wundertorhüter ganz normal: Man hat immer einen. Kommt einer in die Jahre (40+) und hat den integralen Weltmeistertitel im Sack, wird er vom nächsten abgelöst. Für die nächsten zwanzig Jahre ist die Squadra Azzurra dann wieder sicher.
So ein Wundertormann wird in einer Küstenstadt am blauen Meer geboren, einmal in Carraca, einmal in Castellammare di Stabia. Mit 14 Jahren verlässt er das Meer und geht zum AC Milan (oder zu Juve), mit 16 spielt er zum ersten Mal in der Seria A, mit 17 bestreitet er sein erstes Länderspiel, wo er nach der Pause für Gianluigi I. eingewechselt wird. Damit ist Donnarumma der bisher jüngste Torhüter, der in einem A-Länderspiel für Italien zum Einsatz kam und der jüngste Spieler seit 105 Jahren. Seit dem Rücktritt von Gianluigi I. (mit 41) zwei Jahre darauf ist Gianluigi II. die Nummer 1. Allerdings trägt die Nummer 1 die Nummer 21 am Rücken, und sein Lieblingstormanntrikot beim AC Mailand hat die ebenso seltene wie schöne Farbe Gold. Wie bei Gianluigi I. im Weltmeisterschaftsfinale 2006 in Berlin.
Hansludwig klingt natürlich nicht so toll wie Gianluigi. Und sonst? Donnarumma lässt sich eigentlich nicht übersetzen und bedeutet auf Deutsch – nein, das kann ich hier nicht schreiben, ohne mir Zorn, Zensur und Korrektur aller Italienisch-Professoren (und Professorinnen) dieser Welt einzuhandeln. Buffon wiederum heißt auf Deutsch – nein, das kann ich auch nicht schreiben! Mit italienischen Torhüternamen handelt man sich nichts als Zoff ein! So viel kann ich freilich sagen, dass Buffon auch in Rigoletto mitspielt – das muss Donnarumma erst noch schaffen!
Ansonsten alles ganz normal: Dass Donnarumma Europameister wird, versteht sich für ihn von selbst. Aber er brachte auch eine Supertorsperre wie die von Opa Dino Zoff mit ins Turnier. Er wollte der erste Tormann ohne Gegentor bei einer Europameisterschaft werden! Und jetzt das unerhörte Ereignis: Nach vier Partien – ausgerechnet gegen Österreich – kommt dieser, dieser Stronzo im Sturzflug daher und wurschtelt den Ball zwischen vier Verteidigern (!!) ins kurze Eck! Porcamiseria! Vaffanculo!
Und der ohne Gegentor ist dieser Butterfinger aus Liverpool! Aber warte! Man sieht sich im Finale! Als er hört, dass dieser fliegende Leuchtturm Kalajdzic vor dem Wechsel nach Italien steht, zeigt sich erstmals überraschend eine kleine Charakterschwäche bei Donnarumma: Er verlässt Mamma und Papá, Land und Leute und flüchtet nach Paris! Wie Verdi! Wie Buffon! Naturalmente.
Egyd Gstättner