Schon bei den erholsamen Stunden am Pool und auf der Massagebank war die Vorfreude bei Italiens Fußball-Nationalteam auf das EM-Halbfinale am Dienstag gegen Spanien groß. Voller Selbstvertrauen startete die "Squadra" den Countdown, sogar die Prüfung gegen den jahrelangen Angstgegner geht der Österreich-Bezwinger mit reichlich Spaß und Zuversicht an.
"Jetzt wartet Spanien auf uns, eine großartige Mannschaft", sagte Leonardo Bonucci. "Aber wir träumen weiter, mit den Füßen auf dem Boden." Nach den bisher zumeist starken Leistungen gehen die Azzurri als Favorit in das Duell mit den Spaniern, die bei diesem Turnier deutlich mehr Mühe hatten. "Wir sind das Spanien. Italiens Spektakel, im Mittelfeld beginnt die Show", schrieb die "Gazzetta dello Sport" mit Blick auf den bisher über weite Strecken praktizierte Offensivfußball, der jahrelang eher mit Spaniens Tiki-Taka-Künstlern assoziiert wurde.
"Ich bin sehr stolz, dieses Team trainieren zu dürfen", sagte Coach Roberto Mancini, der die Auswahl nach der verpassten WM 2018 übernahm und wieder zu einem Titelkandidaten formte. Der "Corriere dello Sport" schwärmte am Sonntag: "Mister Italia: Mancini hat dafür gesorgt, dass sich ein ganzes Land in ihn verliebt." Seit 32 Partien ist das Team ungeschlagen und feierte zuletzt 13 Siege in Serie.
Nach dem Viertelfinal-Sieg über Belgien zeigten die Italiener, was das Team noch ausmacht: Herz und Zusammenhalt. Der schwer verletzte Leonardo Spinazzola, der sich gegen Belgien einen Achillessehnenriss zuzog und mehrere Monate pausieren muss, wurde mit Sprechchören gefeiert und emotional aus dem Teamquartier verabschiedet. "Das unterscheidet uns von den anderen Mannschaften: Wir opfern uns einer für den anderen, so können wir weit kommen", sagte Lorenzo Insigne über den Teamspirit.
Den werden die Italiener auch gegen Spanien brauchen. "Je weiter man kommt, desto schwieriger wird es", mahnte Mancini. Nach wenigen Trainingseinheiten in Florenz fliegt die Mannschaft schon am Montag nach London. "Jetzt müssen wir die Akkus wieder aufladen und 110 Prozent geben", forderte Bonucci.
Bei den vergangenen drei EM-Turnieren trafen die Fußball-Großmächte aufeinander, nur 2016 setzte sich die "Squadra Azzurra" im Achtelfinale durch. 2008 und 2012 waren die Iberer jeweils Endstation, besonders bitter war das 0:4 im EM-Endspiel von 2012.
Auch die Spanier rechnen sich Chancen aus
Das soll in diesem Jahr nicht passieren. Den ersten großen Titel seit dem WM-Triumph 2006 in Deutschland hat Italien inzwischen fest im Blick. "Wir haben noch nichts erreicht und müssen noch mehr leisten", sagte Insigne. Goalie Gianluigi Donnarumma versprach: "Wir haben uns das verdient, jetzt spielen wir das Halbfinale. Wir machen weiter und hoffen, uns den Traum zu erfüllen."
Doch auch die Spanier rechnen sich ihre Chancen aus, wie Rechtsverteidiger Mikel Oyarzabal betonte. "Wer auch immer der Gegner ist, wir müssen der Idee unseres Fußballs vertrauen. Italien hat großartige Spieler, aber wir auch", sagte der Profi von Real Sociedad.