Kaum ein aktiver österreichischer Fußballer kennt den italienischen "Calcio" wohl so gut, wie Robert Gucher. Seit 2008 - mit Unterbrechung - spielt der Steirer am Stiefel, seit 2017 für den AC Pisa. "Ein halber Italiener bin ich schon geworden", sagt der 30-Jährige im Video-Interview mit Kleine Zeitung Sportchef Michael Schuen. Beim Achtelfinal-Duell zwischen Österreich und Italien schlagen bei Gucher also zwei Herzen in der Brust: "Ich sehe es positiv, eines der beiden Länder ist sicher im Viertelfinale."
Gucher, der in Österreich für den GAK und Kapfenberg aufgelaufen ist, hat die Entwicklung des italienischen Fußballs hautnah miterlebt. Vom "Catenaccio", dem typischen italienischen Abwehrriegel, ist das heutige Team von Roberto Mancini weit entfernt. "Diese Mentalität gibt es nicht mehr", meint Gucher, die Spieler heute hätten "Spaß am Fußball".
Den einen großen Star, wie es Robert Lewandowski bei den bereits ausgeschiedenen Polen oder Cristiano Ronaldo bei Titelverteidiger Portugal ist, gibt es bei der "Squadra Azurra" nicht. "Man merkt, dass sich die Fans mit den Spielern identifizieren können, weil sehr viele in Italien spielen und auf Top-Niveau Leistung bringen", sagt Gucher.
Die Erwartungshaltung ist nach 30 Spielen ohne Niederlage hoch bei den Italienern, Österreich soll dabei nicht zu einem Stolperstein werden. "Mannschaftsintern wird Österreich ernst genommen, aber in den Medien und der Öffentlichkeit ist eine gewisse Überheblichkeit da", meint Gucher. "Aber die Italiener schauen auf sich selber, deshalb steht auch diese 30-Spiele-Serie da - aber Serien sind da, um gebrochen zu werden. Und vielleicht läuft es positiv, dass im Trainingslager ich den Italienern zeigen kann, wie Fußballspielen geht."
Letztlich glaubt Gucher dennoch an einen Sieg der favorisierten Italiener: "Ich hoffe aber, dass Österreich die Leistung aus dem Ukraine-Spiel bestätigt, dann können wir stolz sein."