Als „Mann der vielen Stimmen“ nehmen Sie viele aufs Korn. Wieso führt Sie diese Gabe so oft in den Sport?
Alex Kristan: Sportler haben einen hohen Wiedererkennungswert aufgrund ihres gewachsenen Bekanntheitsgrades. Und die Herrschaften, die ich in meinem Repertoire parodiere, sind großteils auch die Stars und Idole aus meiner eigenen Kindheit. Die haben unbestritten ihren Legendenstatus – und das ist dankbar für eine Parodie.
Kabarettisten können also auch Fans sein, obwohl sie ihre Idole durch den Kakao ziehen müssen?
Ja. Als Kabarettisten müssen wir den Finger schon auch in die Wunde legen, das ist schließlich das Wesen der Satire. Wir halten den Menschen den Spiegel vor – natürlich immer mit dem Aspekt des Humors, um die Kost verdaulicher zu machen. Da ist es auch vollkommen egal, ob es Fußball, Politik oder andere gesellschaftsrelevante Themen sind. Nach dem Motto „Den Kasperl darf man halt nicht erschlagen“ dürfen wir uns eben gewisse gesellschaftskritische Dinge erlauben, uns dabei auch weiter aus dem Fenster lehnen. Und natürlich darf man als Kabarettist Fan sein. Ich bin es vom Nationalteam und einigen Klubs. Ich nehme mir wie jeder andere auch die Freiheit heraus, Dinge, die ich nicht nachvollziehen kann, offen anzusprechen.
Die Sperre von Marko Arnautovic muss ja wie ein aufgelegter Elfmeter sein. Viele haben sich schon davor an Arnautovic gerieben, seinen Sprüchen, dem goldenen Rolls-Royce. Wie reagieren solche Figuren auf Ihre Parodien?
Also von meiner Warte aus haben die, die ich parodiert habe, keine Ressentiments gegen meine Arbeit. Weil sie passt! Ich achte bewusst darauf, dass alles oberhalb der Gürtellinie bleibt. Man kann jemanden schon durch den Kakao ziehen, aber nicht durch den Dreck. Es wäre auch viel zu billig, nur weil man auf einer Bühne steht. Und Arnautovic? Man muss auch dankbar sein für Typen, die sich nicht verbiegen lassen. Er steht ja auch zu 100 Prozent zu dem, was er tut, mit Alkoholwerbung oder dem Rolls-Royce, den er neben dem Teambus parkt. Das hat einen gewissen Anflug von Skurrilität. Er ist aber auch wirklich ein Ausnahmefußballer.
Österreich lechzt nach Stars und Siegern, die etwas zu sagen haben, nicht alltäglich-fad sind. Und dann schlägt ein rot-weiß-rotes Phänomen zu. Man verlangt Typen mit Ecken und Kanten, verurteilt sie dann aber, wenn sie Dummheiten oder Fehler machen.
Natürlich! Das ist natürlich die Kehrseite der Medaille. Wenn man sich in die Sonne setzt, kommen auch die Fliegen. Wer unter dem Radar fliegt, dem wird vom Publikum viel mehr verziehen. Nun einmal abgesehen von diesem Vorfall in Bukarest: Arnautovic ist ein hoch exponierter Mensch, der Freude daran findet, zu provozieren und zu polarisieren. Und was heißt das in der Kunst? Wer sich auf die Bühne stellt, dem müssen Tomaten auch schmecken. Wenn ich etwas auf der Bühne sage, darf ich nicht immer damit rechnen, zu 100 Prozent Applaus zu bekommen. Wir brauchen bunte Vögel.
Sie waren auch Fußballer, Stürmer bei Mödling. Was ist mit diesem Karriereweg passiert?
Mein Talent war enden wollend. Ich habe bis zum 21. Lebensjahr viel gespielt. Dann hat sich keiner gefunden, der mir gesagt hätte, dass ich unbedingt weiterspielen müsse. Ich war ein Mitläufer, rechts vorn, schoss hie und da ein Tor. Von einer großen Karriere wurde ich Gott sein Dank verschont.
Mit Ihren Parodien treffen Sie manch Ziel genauer, als man glauben mag. Niki Lauda soll ein großer Fan von Ihnen gewesen sein, weil er sich selbst reden hörte.
Er war wirklich ein freudiger Bewunderer dieser Kunst! Das hat mir Heinz Prüller sogar einmal bestätigt. Niki rief mich einmal 2016 an (imitiert Lauda, Anm.): „Du, pass auf. Wie schaut’s aus, hast im Juli Zeit. Da ist Österreich-Grand-Prix. Ich lad dich und deine Frau ins Fahrerlager ein. Da sitzt bei Mercedes und schaust dir die Formel 1 an.“ So eine Einladung schlägt man nicht aus. Im Fahrerlager wurde es dann skurril, weil sich Toto Wolff mir als „Lotto Golff“ vorstellte. Nico Rosberg sagte, er sei der „Rotzberg“. Dann hatte ich einen Anflug von Idee, was da los war. Offenbar war Niki mit all meinen Videos durch das Fahrerlager gelaufen und hat sie jedem gezeigt. Niki hatte einen unfassbar lässigen Schmäh.
Der Schmäh, sagt man, ist typisch österreichisch wie auch das allgemeine Motschkern. Aktuell eben, weil Arnautovic geschimpft hat, aber auch, weil die Trikots schwarz-türkis, beim Torhüter sogar „schweinderlrosa“, also potthässlich sind. Haben wir denn keine anderen Sorgen?
Ganz ehrlich: Die schwarz-türkisen Dressen sind optisch kein Highlight. Doch über was sollen wir uns denn aufregen, wenn wir das Auftaktspiel gewonnen haben? Wenn es nicht das Pink-Panther-Trikot des Torhüters gewesen wäre, wäre das Gras zu hoch gewesen oder das Flutlicht zu hell. Das liegt in der DNA des Österreichers. Wir regen uns gern auf. Das macht uns charmant.