Auslöser: Beim 3:1-Sieg der Österreicher gegen Nordmazedonien am Sonntag agierte Arnautovic nach seinem Tor zum Endstand überaus emotional. Dabei gab es ein Handzeichen, das in der Neonaziszene („White Power“) verwendet wird, aber ebenso als „Alles in Ordnung“ interpretiert werden kann. Zudem fielen unschöne Worte von Arnautovic in Richtung Ezgjan Alioski.
Reue: Nur Sekunden später, sogar noch vor dem Ankick, sprachen sich der Mann mit den serbischen Wurzeln und Alioski aus. Der Nordmazedonier bestätigte sogar, dass Arnautovic nach dem Spiel noch einmal zu ihm gekommen sei: „Er war in der Umkleide, hat mir die Hand gereicht und sich entschuldigt. Das war wirklich fair von ihm. Er ist als Freund gekommen, und wir haben uns ausgeredet.“ Am Montag nach dem Spiel gab Arnautovic auf seinen sozialen Kanälen und auch der Kleinen Zeitung vor dem Training eine Stellungnahme ab: „Ich bin kein Rassist und werde auch niemals einer sein. Und mit White Power und Politik habe ich schon gar nichts zu tun.“
Anzeige: Montagabend verfasste der nordmazedonische Verband ein Schreiben an die UEFA, den europäischen Fußballverband. Wegen eines „nationalistischen Ausbruchs, und weil wir immer gegen Nationalismus, Diskriminierung und alle anderen Formen von Beleidigungen und Ausbrüchen sind, die nicht im Sinne des Fußballs sind und unseren gemeinsamen Werten widersprechen“ fordere man die „härteste Strafe“. Hintergrund ist, dass Lippenleser ihre Schlüsse gezogen haben wollen, was Arnautovic genau gesagt hat. „Das Problem ist, dass die UEFA Videos von den Szenen hat, als er das zu mir gesagt hat. Ich habe es wegen der Lautstärke der Fans gar nicht verstanden“, sagte Alioski, der in der Schweiz aufgewachsen ist und der albanischen Minderheit Nordmazedoniens angehört. Er unterhielt sich nach der Partie in deutscher Sprache mit Arnautovic.
Aufforderung: Der ÖFB erhielt am Dienstagnachmittag ein Schreiben der UEFA, in dem man aufgefordert wurde, einen Fragenkatalog innerhalb von drei Stunden zu beantworten. Im Vorfeld wurde ein Ethik- und Disziplinarinspektor eingesetzt, der nach seinen Erhebungen einen Bericht an die Disziplinarkommission der UEFA übermittelt hat.
Reaktion: Fristgerecht hat der ÖFB die Stellungnahme abgegeben. „Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht. Ganz unaufgeregt, bei aller Bedeutung, die das ganze Thema hat“, sagt ÖFB-Generalsekretär Thomas Hollerer.
Mögliche Folgen: Der Vorsitzende der UEFA-Disziplinarkommission ist mit Thomas Partl ein Kärntner. Bei der Urteilsfindung wird er aber nicht dabei sein, „weil ich als Österreicher als befangen gelte“. Das Strafmaß für Arnautovic reicht von einer Verwarnung bis zu einer Sperre. Ein Urteil wird bis heute Nachmittag erwartet. „Wir hoffen natürlich, dass die Sache so schnell wie möglich erledigt ist“, sagt Hollerer. Hintergrund ist natürlich die Vorbereitung auf die zweite Vorrunden-Partie gegen die Niederlande am Donnerstag (21 Uhr) in Amsterdam. Selbst wenn es für ÖFB-Teamchef Franco Foda weiter keine Überlegung ist, den 32-Jährigen in die Startformation zu bringen, so spielt der Wiener doch eine entscheidende Rolle in den Plänen – zumindest als Joker wie zuletzt. Weitere Tore des Ausnahmekönners wären definitiv jene Schlagzeilen, die sich Österreichs Fußballfans wünschen. Dafür müsste die Affäre Arnautovic aber heute endgültig ad acta gelegt werden.
Michael Lorber aus Seefeld