Wer hat die besten Fans? Rapid? Dortmund? Sturm? Bayern? Diese Frage ist objektiv so unmöglich zu beantworten wie sich am Ellbogen zu lecken. Was aber Fakt ist: Die Fans der Eintracht Frankurt zählen zu den kreativsten ihrer Sorte. Daheim wie auswärts.
Der Block ist voll und der Block lebt. Noch ehe die Mannschaften am Platz sind, wird gesungen und gesprungen: "Hey Eintracht Frankfurt"! Das abgewandelte "Pippi-Langstrumpf"-Lied lässt die Statiker und Stadionverantwortlichen regelmäßig zittern. Beispiel gefällig? Wer auf youtube nach "Eintracht" und "Tribüne bebt" sucht, findet Fans außer Kontrolle, die im Takt des Kinderliedklassikers wippen:
Die Faszination "Eintracht" ist in Frankfurt allgegenwärtig, wie ein Schlenderei durch "die Zeil" bewusst macht. Dort, in Deutschlands größter und umsatzstärkster Einkaufsstraße, mitten zwischen Swarovski und Vodafone, betreibt die Eintracht einen seiner Fanshops. Über 300 m² groß, mit über 500 Artikeln. Ein Flagstore, wie es so schön auf Neudeutsch heißt. Die horrenden Mieten werden locker hereingespielt. "Wir spüren den sportlichen Erfolg beim Anstieg unserer Umsatzzahlen", schmunzelt Karsten, Shopbetreiber und Eintracht-Fan von klein auf. "Ich war vor 25 Jahren in Wien mit dabei, als uns unser jetziger Trainer - euer Adi Hütter - mit seinem Tor zum 1:0 für Salzburg aus dem Europapokal geschossen hat."
13.500 Fans fahren nach Mailand
Den Treffer hat Karsten seinem Trainer verziehen. "Na, ja. So halbwegs halt." Für die jüngeren Fans ist das sowieso kein Thema. Die genießen den Erfolg: Als erste Mannschaft Deutschlands sechs Siege in der Gruppenphase eines europäischen Bewerbs. Aktuell 10 Spiele ungeschlagen - so lange wie kein zweites Team. Dazu nach dem 0:0 gegen Inter reele Chancen auf den Aufstieg ins Europa-League-Viertelfinale. Die Reise ins San Siro wird zur Pilgerfahrt. 13.500 Fans werden in Mailand vor Ort sein. Der nächste unglaubliche Rekord.
Ausbau des Heimstadions gefordert
Die Auswärtskontingents sind ebenso rasch vergriffen wie die Heimtickets. Als klar war, dass die Eintracht die Gruppenphase überstanden hat, waren alle Karten für Achtel-, Viertel- und Halbfinale binnen kürzester Zeit "ausverkauft" - noch ehe sie gedruckt wurden. Und noch ehe der Klub überhaupt das Sechzehntelfinale gespielt hatte.
Das Waldstadion, wie die Commerzbank-Arena von seinen Fans weiterhin genannt wird, platzt aus allen Nähten. 48.000 Plätze im Europacup, 51.000 in der Bundesliga. Viel zu wenig. Die Stehplätze sind allesamt durch Dauerkartenbesitzer blockiert. Derzeit läuft eine Initiative von 100.000 Fans zur Ausweitung jener Stehplätze. Von derzeit 7800 auf 20.000. 15 Logen sollen dafür weichen, der Umbau bis zur EM 2024 realisiert werden.
Was für Liverpool- und Dortmund-Fans "You'll never walk alone" ist für Eintracht-Fans die Hymne des Polizeichors Frankfurt: "Im Herzen von Europa":
Mitgliederrekord
Der Erfolg der Schwarz-Weißen beschränkt sich nicht nur aufs Sportliche. Bei der kürzlich abgehaltenenen Generalversammlung verkündete Präsident Peter Fischer zwei Rekorde: "Heute zählt die Eintracht 67.500 Mitglieder, so viele wie noch nie. Seit der letzten Versammlung vor einem Jahr konnten wir 17.000 Neumitglíeder begrüßen. Eine einmalige Steigerung in der Geschichte der Bundesliga."
Listiger Wikipedia-Eintrag
Welcher bzw. welche dieser Fans und Mitglieder einen Wikipedia-Account besitzen, ist nicht bekannt. Vielleicht auch besser so. So fällt das Schmunzeln leichter aus. Was ist passiert? Das 0:0 gegen Inter Mailand - mit einem überragenden Martin Hinteregger auf der rechten Abwehrseite - erhitzte die Gemüter. Besser gesagt, einige Entscheidungen von Schiedsrichter William Collum: Ein Elfer für Inter, der keiner war. Ein nicht gegebener Elfer für Frankfurt. Ein Trainer Adi Hütter, der auf die Tribüne verwiesen wurde. Was die Fans im Wikipedia-Profil von Collum zu einer Ergänzung veranlasste: "Sympathisiert mit Inter Mailand". Der Spaß blieb ein kurzer. Der Eintrag wurde rasch wieder gelöscht.