Wenn man von einem Klassiker spricht, dann darf man das Wort Bilanz nicht außer Acht lassen. Das heutige Achtelfinal-Schlagerspiel zwischen Spanien und Italien in Saint-Denis (18 Uhr) macht’s möglich. Und wer, wenn nicht er, sorgt nach fast 20 Jahren in der „Squadra Azzura“ stets für Gesprächsstoff? Gianluigi Buffon. Der Mann zwischen den Pfosten, der vierfache Welttorhüter des Jahres und Weltmeister von 2006, hat bei der Europameisterschaft in Frankreich noch lange nicht genug. Nur einen Wermutstropfen gibt es, denn es wird die allerletzte EM für den 38-Jährigen sein – keine Sorge, die WM 2018 in Russland hat er noch rot im Kalender angestrichen. Aber schnell weg von diesem Gedankenspiel – wir bleiben in der Gegenwart. Italien galt bei der EM von Beginn weg als Außenseiter, doch spätestens nach dem etwas überraschenden Triumph gegen die favorisierten Belgier rückte die Mannschaft von Teamchef Antonio Conte plötzlich wieder ins Rampenlicht.

Buffon feiert nun gegen den Titelverteidiger nicht nur Jubiläum – es ist sein 160. Länderspiel –, der Torwart-Veteran hat mit Iniesta, Morata und Co. nämlich noch eine Rechnung offen. Womit wir bei der Bilanz sind – und die seine gegen „La Furia Roja“ sieht nicht sehr rosig aus, ganz im Gegenteil – nur ein einziges Mal ging er als Sieger vom Platz.

Und jetzt muss doch ein kurzer Blick in die Vergangenheit erlaubt sein: Spanien gegen Italien – ja genau – dieses Spiel ist die Wiederauflage des EM-Finales von 2012, als die Spanier Buffon und Co. mit 4:0 vom Spielfeld schossen. Das war zudem der höchste Finalsieg in der EM-Historie. Vieles spricht zwar laut der Papierform für einen Viertelfinaleinzug der Mannschaft von Trainer Vicente del Bosque, aber warum sollten die Italiener nicht für eine kleine Sensation sorgen können?

Ein harter Knochen

Vom Motto „Im Alter lassen wir es etwas langsamer angehen“ hält „Super-Gigi“ ganz und gar nichts. Wobei ihm das nach dem Sieg gegen Belgien fast zum Verhängnis geworden wäre, als er nach seinem Jubel von der Latte abrutschte und auf den Rücken knallte. Auch diesen Fauxpas nahm er mit Humor: „Es war einfach ein emotionaler Moment und eine etwas rutschige Latte . . .“ Dem 1,91-Meter-Mann kann also nichts mehr schocken. Auch nicht, dass ein alter spanischer Bekannter gegen Italien erneut auf die Ersatzbank verbannt wurde: Iker Casillas hat gegenüber David de Gea das Nachsehen. Ginge es übrigens nach dem italienischen Abwehrspieler Matteo Darmian, dann kann sowieso kein anderer Torhüter dem Juventus-Star Paroli bieten.

Fakten hin, Bilanzen her, eines ist in jedem Fall ganz gewiss und unbestritten: Eine dieser beiden Topnationen muss sich heute Abend vom Traum des begehrten EM-Pokals verabschieden, für die andere geht das Rennen um den Titel weiter.

DENISE MARYODNIG