Der prominenteste Spieler von Islands Fußball-Nationalteam wird am Mittwoch im EM-Spiel in St. Denis bei Paris gegen Österreich auf der Bank sitzen. Mit seinen 37 Jahren ist Eidur Gudjohnsen kein Thema mehr für einen Platz in der Startformation, dennoch möchte Teamchef Lars Lagerbäck nicht auf die Qualitäten des Stürmers verzichten. Beleg dafür ist auch die Einwechslung des Altstars gegen Ungarn.
Dabei wollte Gudjohnsen seine Teamkarriere nach der knapp verpassten Teilnahme an der WM 2014 eigentlich beenden. "Doch dann hat mich der Trainer angerufen und gesagt, dass ich der Mannschaft auf und neben dem Platz noch viel geben könnte. Ich habe es dann getan, denn ich wollte nicht bedauern, dass ich nicht zurückgekommen bin", erzählte der Offensivspieler.
Tatsächlich hat Gudjohnsen einen großen Erfahrungsschatz weiterzugeben. Der aktuelle Profi von Molde FK spielte unter anderen für Chelsea und Barcelona, wurde dabei zweimal englischer und einmal spanischer Meister und gewann 2009 mit den Katalanen die Champions League.
Magische Momente
Diese Visitenkarte war für Lagerbäck Grund genug, dem Routinier einen Platz im EM-Kader freizuhalten. "Er hat zwar in der EM-Qualifikation meistens auf der Bank begonnen, doch er war fantastisch und hat die anderen Spieler unglaublich unterstützt. Und auf dem Platz hat er immer noch diese wirklich magischen Momente", sagte der Schwede.
Gudjohnsens 26 Tore in der A-Auswahl bedeuten isländischen Rekord, mit 87 Einsätzen ist er auch der Spieler mit den drittmeisten Einsätzen für die Insel-Auswahl. Sein Debüt feierte der Angreifer am 24. April 1996 in Tallinn gegen Estland, als er als damals 17-Jähriger für seinen Vater Arnor eingewechselt wurde - ein besonderer Moment, der bis heute nachwirkt. "Dieses Spiel ist immer noch frisch in meiner Erinnerung. Wenn man mit seinem Vater im selben Länderspiel war, dann redet man immer wieder darüber."
Vor 20 Jahren galt Island noch als verlässlicher Punktelieferant, mittlerweile aber haben sich die Zeiten geändert. Die Auswahl darf sich nach zwei Punkten aus den ersten beiden Spielen in Frankreich bei ihrer EM-Premiere berechtigte Hoffnungen auf den Achtelfinal-Einzug machen - und das bei einer Einwohnerzahl von 330.000.
Unglaublicher Hype
"Das ist schon sehr erstaunlich. Der Hype rund um die Nationalmannschaft momentan bildet diese unglaubliche Geschichte ab. Es ist super, davon ein Teil zu sein und zu sehen, was das Team den Menschen bedeutet", meinte Gudjohnsen.
Aus heiterem Himmel ist Islands Aufstieg nicht gekommen - in den vergangenen Jahren wurde massiv in Trainerausbildung, Jugendarbeit und Infrastruktur investiert. "Als ich mit Fußball angefangen habe, haben wir auf Hartplatz gespielt. Auf Rasen zu spielen, war etwas Besonderes. Jetzt haben wir diese Hallen, und man kann immer spielen", erklärte Gudjohnsen.
Davon profitierten auch Gudjohnsons drei Söhne, die bereits in die Fußstapfen ihres Vaters getreten sind. Der Älteste ist isländischer U19-Teamkicker, der Mittlere spielt im Nachwuchs von Espanyol Barcelona und der Jüngste ist Junior in der berühmten "La Masia", der Ausbildungsakademie des FC Barcelona.