Die letzte Männerbastion im Fußball ist gefallen. Mit Claudia Neumann hat erstmals eine Frau ein Spiel bei einer EM der Herren kommentiert. Mit dem 2:1 zwischen Wales und der Slowakei schreibt das ZDF also deutsche TV-Geschichte. Das Wichtigste für einige besorgte Herren vorneweg: Auch nach 90 Minuten weiblichen Kommentars hat sich der Fußball in seinen Grundfesten nicht verändert.
Ganz im Gegenteil: Schon vor Spielbeginn punktet die 52-Jährige, die schon 2011 und 2015 bei Frauen-Weltmeisterschaften zum Einsatz kam, mit guten Informationen. Erklärt beispielsweise, wieso wir zuerst die slowakische Hymne hören (offiziell Gastmannschaft) und erst dann die walisische.
Passende Worte gefunden
Die hingebungsvolle Darbietung der Wales-Fans während der Hymne kommentiert sie durchaus passend mit den Worten: "Mannomann, das kribbelt bis unters Tribünendach." Dann wird's sportlich. Und nach wenigen Minuten ist zu hören, was den einen oder anderen Fußballfan stören dürfte.
Schon bei der ersten Großchance der Slowaken wird es ganz schön laut. Etwas zu laut. Hier macht sich das vergleichsweise geringere Stimmvolumen vielleicht am meisten bemerkbar. Bei der strittigsten Szene der ersten Hälfte hilft ihr aber auch diese Erfahrung nicht. Einen unfairen Ellenbogeneinsatz des Slowaken Skrtel gegen den Waliser Williams im Strafraum schätzt Neumann auch nach mehrmaliger Ansicht der Wiederholung als regelkonform ein.
Kritik vom ZDF-Kollegen
Doch da hat sie die Rechnung ohne ihre Kollegen im Studio gemacht. "Da haben wir es mit vier Dioptrien zu tun", richtet ZDF-Moderator Oliver Welke in der Halbzeitanalyse wegen besagter Szene einen Gruß an den norwegischen Unparteiischen und fällt damit auch seiner Kollegin in den Rücken.
So muss Neumann ihren Kommentar in der zweiten Halbzeit damit beginnen, die Fehleinschätzung einzugestehen. Aber auch dazu gehört Größe. Bei den Toren der zweiten Halbzeit dreht Neumann dann die Stimme wieder auf. Im Eifer des Gefechts ergibt dann leider nicht jeder Satz auch einen Sinn. Auch die "letzten Minuten bis zur Schlusssirene" sind wohl eher im Eishockey gängig als im Fußball. Am 17. Juni ist Neumann bei der Partie Italien gegen Schweden ein zweites Mal im Einsatz.