"Früher gab es tiefe Gräben im englischen Nationalteam. Auf der einen Seite Rio Ferdinand, Wayne Rooney und Co., auf der anderen Seite die Gruppe um John Terry", sagt Johnny Ertl. Der Steirer ist seit 2008 in verschiedensten Funktionen in England tätig. Zuerst als Spieler, mittlerweile als Vorstandsmitglied des FC Portsmouth.
Diesmal prophezeit er den "Three Lions", die nach zehn Siegen in zehn Qualifikationsspielen heute gegen Russland (21 Uhr) ins Turnier starten, einen positiven Turnierausgang. "Ich glaube schon, dass sie bis ins Semifinale kommen." Was den 33-Jährigen so optimistisch stimmt? "Das ist endlich wieder eine Mannschaft. Bei den Fans genießt die Truppe von Trainer Roy Hodgson hohe Sympathiewerte. Und der Kader ist besser als zuletzt."
Spieler mit breiter Brust
Vor allem die "jungen Wilden", wie sie Ertl nennt, spielen eine große Rolle bei den Briten. "Dele Alli von Tottenham hat eine fantastische Saison gespielt, auch Ross Barkley von Everton wird aufzeigen." 20 Jahre ist Alli jung, Barkley ist auch erst 22. Zudem sitzt mit Manchesters Marcus Rashford (18) der jüngste Spieler des Turniers auf der Bank. Ertl: "Das sind Spieler, die bei ihren Klubs alle eine wichtige Rolle spielen. Die kommen mit breiter Brust zum Turnier."
Vor allem auch die Stürmer Harry Kane (Tottenham) und Jamie Vardy (Leicester). Dazu hat man mit Kapitän Rooney einen Routinier mit dabei. "Der Teamspirit passt einfach. Die Spieler kommen gerne zum Team. Das ist ähnlich wie bei den Österreichern."
Trikots liegen bereit
Schon in der Vorbereitung habe man gesehen, wozu die Engländer fähig sind: "Beim 3:2-Sieg in Deutschland haben sie ein 0:2 gedreht. Das zeigt, welcher Charakter in der Mannschaft steckt." Dementsprechend hoch ist die Erwartungshaltung im Land. "Ich habe alle Spieltermine der Engländer dick im Kalender eingetragen. Auch das England-Trikot liegt schon bereit. Das wird bei den Spielen getragen. Aber auch der Österreich-Dress ist natürlich bereits daheim." Besonders gespannt sind die Engländer auf das Duell mit Wales. "Die Waliser werden nicht ganz ernst genommen. Über die wird immer gescherzt. Aber Wales hat sehr gute Spieler."
Public Viewings gibt es im "Mutterland des Fußballs" übrigens nicht so, wie wir es in Österreich kennen. "Hier wird in Pubs geschaut. 2010, als ich zu Sheffield gewechselt bin, war die Stadt menschenleer. Alle waren auf die Pubs aufgeteilt, weil England gerade gegen Deutschland gespielt hat. Das ist schon eine coole Atmosphäre", sagt Ertl. Und Österreich? Da tippt Ertl auf Einzug ins Achtelfinale.