Es ist ein Trend, der schon seit geraumer Zeit im Weltfußball Einzug hält. Die Nationalspieler werden immer jünger, die Talente immer hochpreisiger zwischen Europas Topklubs hin und her transferiert. Während noch relativ junge Spieler wie der rot-weiß-rote Bayern Star David Alaba (23), Deutschlands Mario Götze (24), oder Kroatiens Real-Mittelfeldmotor Matteo Kovacic (22) in ihren Nationalmannschaften schon zum Stammpersonal zählen, sollte man einige "Teenager" bei der EM beobachten. Wir haben einmal eine Elf der jüngsten EM-Teilnehmer auf den einzelnen Positionen zusammengestellt:
Tor: Sergio Rico (22 Jahre), Spanien
Der jüngste Torhüter des Turniers ist der 22-jährige Sergio Rico von Europaleague-Sieger Sevilla. Der 2014 vom eigenen Nachwuchs in die Kampfmannschaft hochgezogene Schlussmann absolvierte in der abgelaufenen Saison 34 Ligaspiele, lief sechs mal in Championsleague und fünf mal im Copa del Rey auf. Nur in dem Bewerb, den man dann gewann, spielte die nominelle Nummer zwei Mariano Barbosa. Im Nationalteam debütierte Rico erst am 1. Juni beim 6:1 gegen Südkorea. Dem Kader gehört er schon seit der EM-Qualifikation an. Hinter David de Gea und Legende Iker Casillas wird es bei der EM wohl nur schwer für einen Einsatz reichen.
Abwehr: Nico Elvedi (19), Schweiz
Zu Beginn der Saison musste sich Zürich-Neuzugang Nico Elvedi bei Borussia Mönchengladbach hinten anstellen. Zuerst nur auf der Bank, dann gar in die zweite Mannschaft abgeschoben, drängte sich der 19-Jährige aber auf. Nach drei Kurzeinsätzen schenkte Trainer Andre Schubert ihm ausgerechnet am 15. Spieltag gegen Bayern München das Vertrauen und berief den Innenverteidiger in die Startelf. Von dort war er ab da - sofern fit - nicht mehr wegzudenken. Elvedi, der ihm Jahr zuvor bei Zürich die genau gleiche Entwicklung machte, sammelte 1.643 Spielminuten in Bundesliga, DFB-Pokal und Königsklasse. Im Nationalteam debütierte der 4-Millionen-Mann am 28. Mai bei der 1:2-Niederlage gegen Belgien und schaffte es in den endgültigen EM-Kader. Im Hinblick auf einen Stammelf-Platz hat er mit HSV-Kapitän Johan Djourou und Hoffenheims Fabian Schär harte Konkurrenz.
Abwehr: Tin Jedvaj (19), Kroatien
Tin Jedvaj ist in der deutschen Bundesliga längst kein unbekannter mehr. Seit seinem 2014 leihweise vollzogenen Wechsel vom AS Rom zu Bayer Leverkusen zählt der flexibel einsetzbare Abwehrspieler zum Stammpersonal. Jedvaj, den die Deutschen Anfang 2015 für 7 Millionen Euro fix verpflichteten, machte in zwei Jahren 47 Pflichtspiele für Leverkusen, in denen er zweimal traf und drei Treffer vorbereitete. Sein Marktwert beträgt 8 Millionen Euro. Bei drei Testspielen der Kroaten war Jedvaj, der im September 2014 debütierte, dabei. Hoffnungen auf EM-Einsätze darf sich der gelernte Innenverteidiger wohl eher auf der defensiven Außenbahn machen, da in der Mitte Dario Srna (Shakthar Donetsk) und Marcelo Brozovic (Inter Mailand) gesetzt sein dürften.
Abwehr: Patrick McNair (21), Nordirland
Sehr gute Chancen auf einen Startelf Platz scheint Manchester Uniteds Patrick "Paddy" McNair zu haben. Der 21-Jährige Nordire absolvierte die letzten beiden Qualifikations- und alle vier Vorbereitungsspiele von Beginn an. Bei ManU musste er oft auf der Bank Platz nehmen, absolvierte aber immerhin neun Spiele. Acht mal lief er in der U21 der "Red Devils" auf. Der Innenverteidiger, dessen Marktwert bei 4.5 Millionen liegt, hat noch ein Jahr Vertrag. Die EM könnte - auch ob der Tatsache, dass mit Jose Mourinho ein neuer Trainer in Manchester ante portas steht - also durchaus richtungsweisend werden.
Mittelfeld: Ante Coric (19), Kroatien
2008 kam Ante Coric, damals elf Jahre alt, als verheißungsvolles Talent in die Akademie von Red Bull Salzburg. Dort wurde er "Wunderkind" genannt und galt, ob seiner technischen Beschlagenheit und seines Spielverständnisses, als große Zukunftshoffnung für das zentrale Mittelfeld der Bullen. Weil Dinamo Zagreb ihm 2013 einen schnelleren Weg zum Profivertrag in Aussicht stellte, endete das Abenteuer Salzburg aber mit 16 Jahren und ohne Bundesligaspiel wieder. Als er zu Salzburg kam, sah seine Präsentation übrigens so aus:
Seither hat sich Coric weiterentwickelt. Im April 2015 wurde er aus der U17 in die Zagreber Kampfmannschaft berufen, wo er bis Saisonende sechsmal spielte und einmal traf. Dann kam der Profivertrag. In den vergangenen zwei Saisonen machte Coric 74 Spiele, in denen er zehn mal traf und 15 Tore auflegte. Darunter ist auch schon ein Europaleague Treffer. Bei den vielen hervorragenden Mittelfeldspielern, wie etwa Luka Modric, Matteo Kovacic (beide Real Madrid) oder Ivan Rakitic (Barcelona) kann Coric, der 6 Millionen Euro wert sein soll, wohl nur über kürzere Einsätze auf sich aufmerksam machen.
Mittelfeld: Renato Sanches (18), Portugal
So wie Ante Coric bei Dinamo Zagreb, war auch Renato Sanches der Mittelfeldmotor beim portugiesischen Meister Benfica Lissabon. Der 18-Jährige Doppelstaatsbürger von Portugal und Kap Verde wurde erst im Oktober 2015 in die Kampfmannschaft der Hauptstädter hochgezogen und mutierte gleich zur prägenden Figur des Lissaboner Spiels. Ab Ende November spielte er in der Startelf, aus der er nicht mehr zu verdrängen war. So kam er noch auf 47 Spiele, in denen er sechs mal traf und ein Tor vorbereitete. Beachtlich sind bei Sanches vor allem Körpereinsatz, Laufleistung, Passgenauigkeit und Giftigkeit im Tackling. So beachtlich, dass der FC Bayern, gegen den Sanches mit Benfica im Viertelfinale der Champions League spielte, ihn für 35 Millionen Euro verpflichtete. Und das bei einem Marktwert von 10 Millionen Euro. Sanches wird der jüngste Spieler bei der Euro 2016 sein. Da er alle vier Testspiele - er debütierte erst beim 0:1 gegen Bulgarien im März - vor der EM bestritt, wird er sicher einige Einsätze mit Ronaldo und Co verbuchen können.
Mittelfeld: Denis Zakaria (19), Schweiz
Eine rasche Entwicklung nahm auch der junge Schweizer Denis Zakaria. Nach einem halben Jahr in der Kampfmannschaft von Genf wurde er zu Beginn der vergangenen Saison für 400 Tausend Euro zu den Young Boys Bern, wo er unter dem österreichischen Trainer Adi Hütter von Beginn an auf der Sechs gesetzt war. In 27 Spielen in der Super League und drei Cup-Spielen erzielte der defensiv orientierte Mittelfeldakteur ein Tor und bereitete zwei vor. Auch international durfte er in zwei Europaleague- und einem Championsleague-Qualifikationsspiel Erfahrung sammeln. Der Schweizer mit kongolesischem Pass kam in den letzten beiden Freundschaftsspielen vor der Euro zu zwei Kurzeinsätzen. Im defensiven Mittelfeld gilt er nach Arsenal-Neuzugang Granit Xhaka und Gelson Fernandes (Stade Rennes) als gute Alternative.
Mittelfeld: Kingsley Coman (19), Frankreich
19 Jahre, drei Topvereine, zehn Titel. das ist die beeindruckende Karriere des französischen Nationalspielers Kingsley Coman in Zahlen. 2012 gab der Franzose bei Paris Saint Germain sein Profidebüt und holte die Meisterschaft. Im Jahr darauf verteidigte er den Titel und holte den Cup, Supercup und wechselte zu Italiens Branchenprimus Juventus Turin. Dort gewann er mit der "Alten Dame" bis 2015 zweimal die Meisterschaft, und je einmal den Pokal und Superpokal. Für 7 Millionen Euro sicherte sich Deutschlands Rekordchampion Bayern München per Leihe Comans Dienste für zwei Jahre. Wenn er weiter so fidel im Bayern-Angriff geigt, wird Ende nächster Saison wohl der fixe Wechsel für weitere 17 Millionen folgen. Coman spielte in der Bundesliga 23 Mal, traf viermal und legte sechs Treffer auf. In seinen acht Championsleague-Einsätzen lieferte er auch sechs Assists und traf zweimal. Im Cup, den er neben der Meisterschaft gewann, machte er vier Spiele. Sein Marktwert liegt nun bei 17 Millionen Euro, vor seinem Wechsel nach München lag dieser bei 3.5 Millionen. Sein Debüt im Dress des Gastgebers gab Coman beim 2:0-Sieg in der tragischen Terrornacht von Paris am 13. November. Seitdem war er immer mit von der Partie und erzielte bis dato einen Treffer beim 4:2-Testspielsieg gegen Russland im März.
Sturm: Marcus Rashford (18), England
Debüts und Premieren. Das sind die Schlagwörter, die die Saison des Engländers Marcus Rashford zusammenfassen können. Rashford, der nebenbei noch zur Schule geht, wurde von Manchester Uniteds Trainer Louis Van Gaal am 25. November in der Europaleague gegen Midtjylland gleich in die Startelf berufen. Er dankte es seinem Coach, der in seiner Zeit bei Bayern Stars wie David Alaba, Holger Badstuber oder Thomas Müller ebenfalls in jungen Jahren förderte, mit gleich zwei Treffern beim 5:1-Sieg. Nur drei Tage später lief der 18-Jährige wieder von Beginn an auf. In seinem ersten Ligaspiel schoss er wieder zwei Tore und führte die "Red Devils" zu einem 3:2-Sieg über Arsenal. In den weiteren zehn Ligapartien - Rashford spielte immer in der ersten Elf - gelangen weitere drei Treffer und zwei Assists. Sein Marktwert stieg auf sechs Millionen Euro und Englands Trainer Roy Hodgson berief ihn in die Nationalmannschaft. Dort, wie sollte es anders sein, schoss er in seinem ersten Ländermatch gegen Australien sein erstes Tor und England siegte 2:1. Dieser Mann wird bei der EM sicher den einen oder anderen Einsatz bekommen und kann seine ganz besondere Geschichte vielleicht ja genau so weitererzählen.
Sturm: Breel Embolo (19), Schweiz
Der Schweizer Neo-Teamspieler ist das Pendant zu Österreichs Sturmspitze. Genau wie Marc Janko spielt Embolo bei Basel, ist treffsicher, physisch top und Kopfballstark. Auch das Gespür für das Aufreißen von Räumen für die Flügel- und Mittelfeldspieler ist den beiden gegeben. In der Meisterschaft, die der FC Basel mit einem Vorsprung von 14 Punkten auf Bern holte, traf Embolo zehn Mal und legte sieben Treffer auf. Davon profitierte auch Janko, der 16 mal traf. Embolo, dessen Marktwert mittlerweile bei 20 Millionen Euro liegt, wird heiß umworben. Von RB Leipzig (laut übereinstimmenden deutschen Medienberichten in der Pole-Position), über Mönchengladbach bis hin zu Tottenham und Liverpool sollen sich schon Vereine über die Dienste des 19-Jährigen kundig gemacht haben. Er hat allerdings noch Vertrag bis 2019. Kann der zehnfache Nationalspieler an die Qualifikationsleistung anschließen, wo er in fünf Spielen vier mal als Assistgeber und einmal als Torschütze glänzte, wird das Sturmjuwel weitere Begehrlichkeiten wecken und Marc Janko seinen kongenialen Sturmpartner vielleicht früher verlieren, als gedacht.
Sturm: Emre Mor (18), Türkei
Der in Dänemark geborene Mittelstürmer Emre Mor entschied sich nach Absolvieren von 22 U-Länderspielen für die Dänen, für das Heimatland der Eltern, die Türkei, auflaufen zu wollen. Bei seinem Verein Nordsjaelland kam er erst zum Rückrundenstart Ende November in der Kampfmannschaft zum Einsatz und absolvierte 13 Spiele, wobei er zwei Mal traf und zwei Assists lieferte. Der einzige A-Nationalspieler des dänischen Mittelständlers kam am 29. Mai beim 1:0-Sieg gegen Montenegro über 45 Minuten zu seinem Debüt. Eine Woche später durfte er beim 1:0 gegen Slowenien wieder eine Halbzeit lang spielen. Dies überzeugte Nationaltrainer Fatih Terim so, dass er den Jungspund gleich ins EM-Aufgebot packte. Auf dieses Karrierehighlight folgte drei Tage vor Start der Europameisterschaft der Wechsel zu Borussia Dortmund für kolpotierte 9,5 Millionen Euro. Bei der EM, vor ihm steht aber sicher der frisch gebackene türkische Meister Cenk Tosun (Besiktas), kann der 1.68 Meter kleine Stürmer seinen neuen Trainer Thomas Tuchel vielleicht schon einmal von sich überzeugen.