Herr Hickersberger, seit 1. Juli sind Sie Nationalteamtrainer von Bahrain. Wie würden sie den Job am ehesten kommentieren? A: Jackpot, b: Geht in Ordnung oder c: Es kommen auch wieder bessere Angebote. . .
JOSEF HICKERSBERGER: Weder noch. Und Jackpot passt schon gar nicht, weil ich als Klubtrainer natürlich schon viel mehr verdient habe. Sagen wir so: Ich fühle mich derzeit sehr wohl. Und wenn mir der Job keinen Spaß mehr macht, höre ich einfach auf.
Mit Al Wahda haben Sie 2010 den Meistertitel der Vereinigten Arabischen Emirate geholt. Ihr Monatsgehalt soll 50.000 Euro betragen haben. Plus Auto und Wohnung. Kommt das in etwa hin?
HICKERSBERGER: Mit Prämien? Ohne Prämien? Ich kann mich nicht mehr erinnern... Es hätt' ein bisserl mehr sein können.
In Bahrain ist es Ihre zweite Teamchef-Ära. Ist eine dritte Ära in Österreich denkbar?
HICKERSBERGER: Kann ich mir nicht vorstellen. Ich bin 62, habe einen Zwei-Jahres-Vertrag mit Option auf weitere zwei Jahre. Dass ich mit 70 noch arbeiten will, glaube ich nicht.
2008 sorgten Sie mit dem Spruch für Furore, dass ein Training des österreichischen Nationalteams nur 15 Minuten gedauert habe, weil nur die Stärken trainiert wurden. Wie lange, schätzen Sie, benötigt das Nationalteam heute für das Training seiner Stärken?
HICKERSBERGER: Ich glaub' ich habe gesagt 20 Minuten. Aber egal. In den zwei Jahren wird sich nicht viel geändert haben.
Ihre Ziele mit Bahrain?
HICKERSBERGER: Zuerst das Team verjüngen. Dann gut abschneiden beim Gulf-Cup im November und den Asien-Spielen im Jänner, wo wir die WM-Teilnehmer Südkorea und Australien in der Gruppe haben.
Bahrain ist die Nummer 69 der FIFA-Weltrangliste. Sind die Spieler im Vergleich zu ihren österreichischen Kollegen auf Platz 60 über- oder unterbezahlt?
HICKERSBERGER: Krass unterbezahlt. Aber die Rangliste täuscht. Österreich ist mit dieser Position unterbewertet.
Wie darf man sich Ihren Lebensstil in den arabischen Ländern vorstellen? Luxuriös?
HICKERSBERGER: Was ist Luxus? Vor allem während der heißen Monate und des Ramadans habe ich tagsüber frei, führe das Leben eines Touristen. Mit Fitnessstudio, Swimmingpool, Meer, Siesta, Lesen und Fernsehen. Am Abend trainiere ich maximal vier Stunden und verdiene auch noch relativ gut.
Sie waren neun Jahre im arabischen Raum tätig. Wie gehen Sie mit den Sitten und Bräuchen um?
HICKERSBERGER: Ich schätze sie, und sie sind Teil des Jobs. Wenn etwa die Gebetszeit in die Spielzeit fällt. Das ist heikel. Läuft es schlecht, beten die Spieler in der Pause so lange, dass danach zu wenig Zeit für die taktische Korrektur bleibt. Und machst du die Besprechung vor dem Beten, laufen sie nach dem Beten direkt aufs Spielfeld. Was manchmal den Nachteil hat, dass sie wieder vergessen haben, was man ihnen gesagt hat.
Gibt es noch ein Traumziel als Fußballtrainer, oder lassen Sie Ihre Karriere lässig ausklingen?
HICKERSBERGER: Mit Ausklingen lassen, habe ich nichts am Hut! Solange ich Trainer bin, arbeite ich seriös, nach bestem Wissen und Gewissen. Ausklingen lassen toleriere ich nicht einmal bei den größten Stars!
Haben Sie es eigentlich jemals bereut, ihr Jusstudium in jungen Jahren abgebrochen zu haben?
HICKERSBERGER: Nicht einmal nach den Färöer Inseln, als ich wirklich Existenzängste hatte. Ich habe einen Traumberuf gewählt und die Wahl noch keine Sekunde bereut.
INTERVIEW: ALOIS LEITENBAUER