Sie ist Herz und Seele des Teams, die Mitspielerinnen schauen zu ihr auf. Homare Sawa gilt als der unumstrittene Star beim Frauen-WM-Finalisten Japan. Bei ihrer fünften und wohl letzten Weltmeisterschaft hat sich die 32-Jährige ins Rampenlicht gespielt wie nie zuvor. "Natürlich ist Homare für mich ein Vorbild", sagt Stürmerin Nahomi Kawasumi fast ehrfurchtsvoll über ihre prominente Mitspielerin. "Ich habe ein Foto, bei dem ich als Zwölfjährige auf dem Schoß von ihr sitze."
Sawa habe sie "einst für den Fußball begeistert", berichtete die zweifache Torschützin beim 3:1-Sieg im Halbfinale gegen Schweden. Nun spielt sie Seite an Seite mit ihrem Idol am Sonntag (20.45 Uhr/ARD, Eurosport und ORF Sport Plus) im Finale in Frankfurt gegen die USA um die WM-Krone und will mit dem ersten Titelgewinn einer asiatischen Mannschaft Fußball-Geschichte schreiben. "Es war immer unser Traum, das Finale zu erreichen", betonte Kapitänin Sawa.
Wieselflink
Die Rekordnationalspielerin und zweimalige asiatische Fußballerin des Jahres ist das Gesicht des japanischen Frauenfußballs. Trainer Norio Sasaki lobt seine Nummer 10 als "absolute Führungsfigur". Mit ihrem schnellen Kombinationsfußball machten die kleinen und wieselflinken Japanerinnen schon gegen Deutschland und Schweden ihre körperliche Unterlegenheit wett. "Wir spielen einfach schneller als der Gegner", stellte Stürmerin Yuki Nagasato fest, die die Chancen gegen die US-Girls auf "50:50" bezifferte.
Sawa ist Kreativ-Zentrale und Vollstreckerin zugleich. In 165 Länderspielen gelangen ihr 79 Tore, vier Treffer allein bei diesem Turnier. Damit liegt sie vor US-Star Abby Wambach (3) gleichauf mit Brasiliens Marta an der Spitze der Torjägerinnenliste. Zudem kann Sawa noch den "Goldenen Ball" als beste WM-Spielerin gewinnen.
Doch individuelle Auszeichnungen zählen für die stets bescheiden und sympathisch auftretende Sawa nicht. "Natürlich würde ich gern beste Torschützin werden, aber der Erfolg der Mannschaft ist viel wichtiger", betonte der 1,64 Meter kleine Wirbelwind, dem beim 4:0 gegen Mexiko ein "Dreierpack" gelungen war.
Beim 1:0 über die DFB-Auswahl gab Sawa den Pass zum Siegestor und wurde zur besten Spielerin gekürt. Bei der Pressekonferenz blieb sie zur großen Verwunderung der Medien im Interviewraum stehen, statt es sich auf dem Stuhl bequem zu machen. Nicht, weil sie noch so viel Energie gehabt hätte, sondern "weil ich noch so verschwitzt war und nichts schmutzig machen wollte", sagte Sawa.
Als sie mit einem katastrophalen Fehlpass das 0:1 gegen Schweden verschuldet hatte, bat sie ihre Teamkolleginnen in der Halbzeitpause demütig um Verzeihung. "Ich wollte meinen Fehler wieder gutmachen", erzählte sie später, was ihr mit dem 2:1 nach der Pause glänzend gelang: "Deshalb habe ich mich so über mein Tor gefreut."
Doch das soll noch nicht der Höhepunkt in Sawas Karriere gewesen sein, auch wenn Japan in 25 Länderspielen (drei Unentschieden) noch nie gegen die USA gewann. "Wir haben vorher auch noch nie gegen Deutschland oder Schweden gewonnen. Das ist unsere Chance, es ein drittes Mal zu schaffen", sagt Sawa, die ihrem durch Tsunami und Erdbeben gebeutelten Land den Titel schenken will.