Genau heute vor einem Jahr warf sich Deutschlands Nationaltormann Robert Enke vor einen Zug. Depressionen hatten den Keeper von Hannover 96 zu diesem finalen Verzweiflungsakt getrieben. Was folgte, war ein medialer Sturm der Anteilnahme und eine breite öffentliche Diskussion über die Krankheit Depression. DFB-Präsident Theo Zwanziger sagte bei der Trauerfeier folgenden Satz: "Fußball darf nicht alles sein." Und kritisierte, dass im Leistungssport für persönliche Schwächen kein Platz sei. Am Jahrestag von Enkes Freitod stellt sich nun die Frage: Was hat man daraus gelernt?

Nichts, findet etwa Hannovers Manager Jörg Schmadtke: "Allein die Schiedsrichter-Affäre um Manfred Amerell zeigt doch, dass wir im Fußball immer noch Probleme haben über Tabu-Themen wie etwa Homosexualität zu sprechen." Sportphilosoph Gunter Gebauer sieht es ähnlich. Die Forderungen eines Spitzenfunktionärs wie Zwanziger nach der Enttabuisierung des Themas Depression sei typisch für das öffentliche "Gutmenschentum von Sportfunktionären". "Dabei", so Gebauer, "sind Funktionäre wie er am Erfolg in einer knallharten Welt interessiert und sortieren alles aus, was Misserfolg bringt."

Robert-Enke-Straße geplant

Passend dazu die Geschichte des ehemaligen Bundesliga-Profis Andreas Biermann, der zwei Selbstmordversuche überlebt hat. Ihn habe die Therapie gerettet, sagt er. Nicht das Bewusstsein, über die Krankheit offen reden zu können. Im Gegenteil, er warnt andere Fußballer vor diesem Schritt. "Wer sie öffentlich macht, wird es schwer haben, seine Karriere fortzusetzen", meint Biermann verbittert. Er selbst fand nach seinem Outing keinen Job im Profifußball mehr.

Was bleibt von Enkes Freitod? Die Stadt Hannover will eine Straße nach ihm benennen.