Amerika: das gallische Dorf des Fußballs

Fußball ist die beliebteste Sportart, die es gibt. Die ganze Welt ist Fußballbegeistert. Die ganze Welt? Nein. Ein von Unbeugsamen bevölkerter Kontinent hört nicht auf, dem Fußball Widerstand zu leisten. So oder so ähnlich kennen wir es vom Beginn jeder Asterix Folge. Doch wie ist es wirklich in der Major League Soccer, der größten Fußballliga der Vereinigten Staaten? Welchen Stellenwert hat die wichtigste Nebensache der Welt im Land der unbegrenzten Möglichkeiten? Und: Wie ist die Atmosphäre im Stadion?

Ein warmer Samstagabend im Juni -ab ins legendäre Yankee Stadium im Norden von New York City, in der Bronx. Für Baseballfans ist dieser Ort das, was das Santiago Bernabéu in Madrid oder das Giuseppe Meazza in Mailand für Fußballanhänger ist. Die U-Bahnfahrt ist kurz und man steht nach Verlassen der Station direkt vor der riesigen Spielstätte, das 2010 nach 90 Jahren abgerissen und daneben neu errichtet wurde.

Bis das eigene Stadion, das für 2027 angekündigt ist, fertiggestellt ist, spielt der MLS-Cupsieger von 2021, hier. NYCFC ist neben den Red Bulls der zweite Profifußballverein in New York. Prominente Namen wie Andrea Pirlo, Patrick Vieira, David Villa und Frank Lampard trugen bereits das himmelblaue Trikot. Heute spielt unter anderem der Grazer Hannes Wolf, der über die deutsche Bundesliga seinen Weg in die MLS fand. In einer der letzten Folgen war er bei abgestaubt, dem Fußballpodcast der Kleinen Zeitung zu Gast und sprach über seine Beweggründe für den Wechsel. 

Premiumsitze hui, Fansektor pfui

Das Yankee Stadium in der fünften Spielminute.
Das Yankee Stadium in der fünften Spielminute. © KLZ / Maximilian Ratzenböck/ Kleine Zeitung

Legends Suite, Champions Suite, Sky 360 Suite. Premiumsitze, so weit das Auge reicht. 2 Getränke mit Pommes: 30 Euro. In den drei Premium Sitzbereichen befanden sich 40 Minuten vor Spielbeginn mehr Gäste als im Rest des Stadions. „Live-Sport ist in den USA ein Erlebnis für die ganze Familie. Man geht hin, um Zeit miteinander zu verbringen und sich zu entspannen“, erklärt mir meine amerikanische Frau. Anders als in Europa, wo der Fußball im Vordergrund steht und Showeinlagen vor Spielen oft abgelehnt werden. Natürlich passe ich mich an und stehe stramm, als der „Star-Spangled Banner“ erklingt, wie vor jedem Spiel, egal wie klein es ist. Ich erinnere mich selbst daran, dass es hier um das Erlebnis geht.

Der Anpfiff ändert die Stimmung im Stadion kaum. Die ersten 45 Minuten sind schnell vergessen. Doch als Hannes Wolf kurz nach Wiederbeginn das 1:0 erzielt, kommt Schwung ins Spiel. Wolf wird zwar bald ausgewechselt, aber sein Team legt nach. Besonders der eingewechselte Alonso Martínez glänzt mit einem Hattrick innerhalb von 30 Minuten und trägt maßgeblich zum 5:1-Endstand bei. Selbst bei strittigen Szenen bleiben die Zuschauer ruhig. Die MLS besticht mehr durch Athletik als durch Taktik und Fußball.

Der Sport ist nur ein Teil vom Ganzen

Nach dem Abpfiff bleibt die Erkenntnis: Trotz aller Vergleiche und Kritik ist es ein Erlebnis. Wie vieles in den USA, sollte auch ein Tag im Stadion als Gesamtkunstwerk betrachtet, und nicht in seine Einzelteile zerlegt werden. Fußball wird in Amerika immer beliebter, doch dieses „gallische Dorf“ wird so schnell nicht erobert werden. Zumindest nicht vom Fußball, wie wir Ihn kennen.