Im November 2021 nahm sie wieder einmal Fahrt auf, die unrühmliche Trainerspirale bei Rekordmeister Rapid Wien. Mit dem Rauswurf von Trainer Didi Kühbauer nach dreijähriger Amtszeit wurde in Hütteldorf ein neuer Trainerzyklus implementiert, der bis jetzt Bestand haben sollte. Länger als ein Jahr hielt es danach nämlich keinen Übungsleiter mehr am Trainersessel. Ferdinand Feldhofer, Kühbauers Nachfolger, ging im Herbst 2022, Zoran Barisic bekanntlich in der aktuellen Länderspielpause.
Damit soll nun Schluss sein, Rapid ruft – wieder einmal – den Neuanfang aus. „Es galt, über den Tellerrand hinauszuschauen und die beste Lösung für Rapid zu finden“, skizziert Sportchef Markus Katzer die Trainersuche, die mit der Verpflichtung von Robert Klauß abgeschlossen wurde. Klauß ist kein Unbekannter, trainierte zweieinhalb Jahre lang bis Oktober 2022 den 1. FC Nürnberg, jenen deutschen Zweitligisten, der mit Rapid eine lange und intensive Partnerschaft pflegt. Und trotzdem, typisch für Rapid scheint diese Verpflichtung maximal auf den ersten Blick. Denn Klauß entstammt ausgerechnet der Trainerschule des ausgemachten Feindbildes jener, die es mit Grün-Weiß halten: Red Bull.
Sein Trainerhandwerk lernte der 38-Jährige eben unter Ralf Rangnick und auch Julian Nagelsmann in Leipzig. „Eine große Rolle gespielt“, haben sie in seiner Entwicklung natürlich, betont Klauß. Aber Rapid soll eben nicht ein zweites „RB“ werden. Aus Überzeugung von der eigenen Idee, wie alle Verantwortlichen gebetsmühlenartig bei Klauß‘ Vorstellung betonten. Aber wohl auch aus Respekt vor den eigenen, gerade diesem Thema nicht sonderlich aufgeschlossenen, Anhängern. „Wir werden kein Abklatsch von einem Klub sein, der es zwar gut macht, aber wir haben eine völlig andere Idee“, sagt Katzer, „und genau diese können wir mit Robert Klauß verfolgen.“
Wie passt das nun also zusammen? „Ich bin schon dreieinhalb Jahre weg von dort, man darf nicht vergessen, dass das eine lange Zeit ist und ich seither meine eigene Idee von Fußball entwickelt habe. Klar habe ich viel gelernt, wie man zum Beispiel gegen den Ball arbeitet. Aber ich will eine Mannschaft sehen, die dominant und mit viel Ballbesitz agiert und daraus dann für Torgefahr sorgt“, erklärt Klauß, der um die Brisanz der RB-Vergangenheit bei einem Traditionsverein weiß: „Ich kann das auch nachvollziehen. Aber ich will auch, dass die Leute mich als Mensch sehen. Und gleich vorweg: auch nicht alle Trainer, die bei RB arbeiten, sind schlechte Menschen.“
„Intakte Mannschaft ist ein Riesenvorteil“
Kurzfristig gilt es nun, Rapid aus dem tabellarischen Niemandsland, genauer gesagt Bundesliga-Rang acht, zu führen. „Bis zum Winter wollen wir eine gute Ausgangsposition. Die Mannschaft ist intakt, will arbeiten und das ist ein Riesenvorteil. Normalerweise bekommst du im November Anrufe von Klubs, wo die Lage anders ist. Da habe ich einigen Optionen abgesagt. Hier ist kein Team, das in Trümmern liegt, sondern eines, das gerade mit Ball schon vieles gut gemacht hat und viel kann, nur die Ergebnisse nicht gestimmt haben. Mittelfristig werden wir natürlich einige Adaptionen vollziehen, damit wir meine Idee von Fußball umsetzen können“, sagt der wortgewandte Trainer aus Eberswalde in Brandenburg.
Der „absolute Wunschkandidat“ von Rapid, wie Katzer, der etwa auch Ex-Augsburg-Trainer Enrico Maaßen auf dem Zettel hatte, es formuliert, erhält auch prominenten Zuspruch vor dem Start bei seiner zweiten Profistation. „Er ist ein mutiger Trainer, er probiert viel und hat schon viel Erfahrung“, sagt Nagelsmann über seinen ehemaligen Co-Trainer in Leipzig.