In Auckland, in Neuseeland, also am anderen Ende der Welt, liegt im Jachthafen das „Flugboot“ von Emirates Team New Zealand. Ein Einrumpf-Segelboot, dass recht passable Flugeigenschaften. Und wartet gespannt auf einen Gegner. Also auf eine ebenbürtige Segeljacht, die dann zur Eroberung des America’s Cup antreten wird. Und den Titelverteidiger aus Neuseeland herausfordert. Noch dazu ausgerechnet in dessen eigenem Revier ab 6. März.
Das Recht, die Kiwis herausfordern zu dürfen, haben zuerst einmal Amerika, Italien und England ersegelt, zwei, nämlich Italien und England sind im sogenannten „Prada-Cup“ (ehemals Louis-Vuitton-Cup) übrig geblieben. Und diese beiden Rennjachten, die italienische Kampagne von Prada-Chef Patrizio Bertelli und die britische Crew von Ineos Team UK segeln im Finale des Prada-Cups um die Teilnahmeberechtigung im Cup der Cups. Die USA durften nach einer Kenterung vorzeitig die Koffer packen. Die Italiener gewannen die ersten beiden Wettfahrten und führen mit 2:0.
Es ist ein historisches Herausforderer-Finale. Weil damit bereits sichergestellt ist, dass ein europäisches Team wieder einmal um den Cup segelt. Wer von den beiden die Nase vorne haben wird, wer also zuerst sieben Regatten gewinnt, ist völlig offen. Das Ineos Team um Sir Ben Ainslie (vierfacher Olympia-Goldmedaillengewinner) hat in den Vorrunden keinen Zweifel aufkommen lassen, dass sie ins „Endspiel“ wollten. Die Frage ist, ob die Italiener doch noch einen großen Sprung in dem schnell entwickelnden Technologie- und Strategie-Wettbewerb mit den futuristischen Einrumpf-Foilern nach vorne gemacht haben. Denn die Luna Rossa hat gerade in den letzten Prada-Cup-Regatten unglaublich an Tempo zugelegt.
Die Europäer waren ja selten tonangebend in diesem prestigeträchtigsten Cup-Bewerb des Segelsports. Es hat eine Reihe von Herausforderer gegeben, wie die „Endeavour“ oder die „Souvereign“. Dann schafften es die Italiener mit der „Il Moro di Venezia“ 1992 und die „Luna Rossa“ erreichte im Jahr 2000 das Finale. Den Cup für Europa gewonnen hat aber nur die schweizerische Alinghi 2003 und 2007. Was überhaupt der Super-GAU für die dominierenden Segelnationen wie die USA, Australien oder Neuseeland war. Ein europäisches Team gewinnt den Cup, noch dazu eine Crew aus einem Binnenland, ohne direkten Meerzugang.
Die Technik hat sich seit den Erfolgen von Alinghi wesentlich verändert. Die Jachten sind heute mehr Flugzeuge als Boote. Wie Kraken heben sie auf ihren Foils aus dem Wasser, die Amerikaner erreichten damit in einer der Vorrunden-Regatten im Rennmodus einen Geschwindigkeitsrekord von 53,31 Knoten bei einer Windgeschwindigkeit von 22 Knoten. Das sind dann umgerechnet sage und schreibe 98,730 km/h. Da setzte die Rennleitung schon auf Hubschrauber, um dem Geschehen auf dem Wasser zu folgen.
So funktioniert die Technik
Seit 2012 sind die Foils das Non-Plus-Ultra auf höchstem Niveau, seit 2018 gilt die AC75-Klassenregel, also ein Boot, das tatsächlich zum Fliegen ausgelegt ist. Mit den durch ein Hydraulikaggregat beweglichen Foils wird eine Hebelwirkung erzielt. Und darüber hinaus benötigt man ein Doppelhaut-Großsegel, das mit dem Holm einem Flügel gleichkommt.
Einen Vorteil mögen die Engländer haben. Und der heißt Ben Ainslie von der Royal Jacht Squadron. Ein Skipper und Taktiker, der nie aufgibt, der schon 2013 vor San Francisco das schon aussichtslos zurückliegende US-Team Oracle noch zum Sieg führte. Und damals saß im US-Boot auch ein gewisser Jimmy Spithill als Steuermann. Der Australier lenkt diesmal die Geschicke der italienischen „Luna Rossa“ - schon allein diese Konstellation birgt viele „Gefahren“.