Irgendwann interessieren Immobilien, Privatjets oder Superjachten nicht mehr. Wenn Geld wie Heu vorhanden ist, suchen sich Milliardäre in den USA gerne ein prestigeträchtigeres Spielzeug. Ein entsprechendes Betätigungsfeld liefern die vier großen Profi-Ligen (Basketball, Baseball, American Football und Eishockey), um sie an die lange versteckte Sport-Affinität zu erinnern. Oder man reißt sich günstig ein de facto bankrottes NHL-Team unter den Nagel. Oder ein Hedgefond-Manager benötigt in seinem Portfolio einen Abschreibposten. Sicher ist, dass früher oder später Millionen versenkt werden. Alles schon gehabt, vor allem bei den Arizona Coyotes. Im Vorjahr gelang es Andrew Barroway endlich einen Miteigentümer zu finden: Alex Meruelo (verankert in den Geschäftsfeldern Casino, Immobilien, Baubranche, Medien, Lebensmittel). Sein glanzvolles Investment von etwa 500 Millionen US-Dollar steht nun vor ernsthaften Schwierigkeiten.
Zuletzt geisterte ein Zahlungsverzug durch die Medien. Die Coyotes konnten im Juni ihre jährlichen 500.000 US-Dollar an Stadionmiete (die Gila River Arena gehört der Stadt) nicht termingerecht begleichen. Ein Indiz, dass die grassierende Corona-Krise auch den Neo-Coyotes-Besitzer erfasst hatte. Schließlich mussten Meruelos Casinos lange geschlossen bleiben. Nun findet beim NHL-Team praktisch ein Ausverkauf statt. Seit Monatsbeginn verließen sieben Spieler die „Firma“. Darunter Taylor Hall, Brad Richardson und vor allem Michael Grabner, der aus seinem Vertrag herausgekauft worden ist. Sogar der langjährige Video-Coach musste nach 24 Jahren den Klub verlassen. Und weitere hoch-dotierte Verträge könnten aufgrund der Pandemie dem Rotstift zum Opfer fallen. Der geschätzte Verlust der Coyotes soll heuer 60 bis 70 Millionen betragen.
"Schlechtes Timing"
Insofern wirkten die Controller von Grabners 3,8 Millionen Jahresgage wohl alarmiert. "Ich war im ersten Moment total enttäuscht. Schließlich habe ich mich in dieser Mannschaft richtig wohlgefühlt. Wir hatten super Typen in der Kabine. Aber: Es war einfach schlechtes Timing", meint der 33-jährige Villacher, der im Play-off mit drei Treffern noch aufgezeigt hatte. Einzig und allein finanzielle Überlegungen sollen eine Rolle gespielt haben. Weil sich auch der Salary Cap (Gehaltsobergrenze, Anm.) in den nächsten Jahren nicht erhöhen wird - anders als von den Klubs bei Abschluss von hochdotierten Verträgen gemutmaßt - dürfte dies zu einem Bumerang-Effekt führen und beeinflusst die neuen Vertragsverhandlungen. Eine deutliche Gehalts-Reduktion ist wahrnehmbar.
Mittlerweile sollen andere NHL-Klubs bei Grabner bereits vorstellig geworden sein. Das beweist, dass auch die vor zwei Jahren erlittene Augenverletzung kein Ausschlusskriterium ist. Doch die Prioritäten des Stürmers haben sich mit Corona völlig verändert. "Früher habe ich nur trainiert. Jetzt genieße ich die Zeit mit der Familie, bin ständig mit den Kindern zusammen. Das hat neue Lebensqualität." Er habe derzeit keinen Stress, einen neuen NHL-Vertrag zu unterschreiben. "Jetzt warte ich zuerst die US-Präsidentschafts-Wahlen ab und dann will ich wissen, wann und ob die Liga überhaupt startet."
Grabner graut vor Trades und Umzügen
Grabner, der sich mit seiner Familie ein Haus in Scottsdale bei Phoenix gekauft hatte, graut vor einem möglichen Umzug. "Das spielt in den Überlegungen eine Rolle. Stell dir vor, man unterschreibt für zwei Jahre. Erster Umzug. Und im zweiten Jahr kann dir wieder ein Trade passieren - noch ein Umzug. Das alles mit Familie. Ich habe jetzt wirklich vieles in der NHL erlebt: AHL, Waiver, Trade, Buyout - mehr kann nicht mehr passieren", schildert er, der noch immer einer, der schnellsten NHL-Spielern ist.
Ob sich somit ein Karriereende ankündigt? "Wer weiß, wie es in drei, vier Monaten aussieht. Ich werde weiterhin trainieren, will mir aber Zeit lassen. Ich könnte theoretisch eine Woche vor dem Start der Traininscamps unterschreiben", setzt Grabner ein Pokerface auf. "So viele Faktoren sind zu berücksichtigen. Und außerdem könnte die Meisterschaft sogar erneut als Bubble in vier Hub-Cities ausgetragen werden. Das will ich mir nach derzeitigem Stand nicht antun. Mein Vorteil ist, dass ich alles kontrollieren kann, weil ich ja keinen Vertrag habe."
Also doch ein NHL-Verbleib? "Meine ehrliche Antwort lautet: Ich weiß es nicht. Mir gefällt das Leben gerade sehr gut. Ich putze sogar rund um das Haus, das habe ich nie zuvor gemacht. Wenn du immer nur in deinem Hamsterrad bist, kommen die Kinder zu kurz. Ich sehe jetzt, dass es ihnen viel besser geht, wenn der Papa da ist." Und das wiederum zeigt, was abseits der NHL-Millionen wirklich zählt.