In diesen, eher tristen und vom Thema Corona beherrschten Tagen darf man ja frech sein oder?

Michael Grabner: Natürlich.

Was haben Michael Grabner und der KAC gemeinsam?

Nicht viel (lacht).

Beide sind froh, dass die Saison vorzeitig zu Ende ist.

(lacht) Naja, froh ist übertrieben. Es war nicht die berühmteste Saison von mir persönlich aber mannschaftlich haben wir nicht so schlecht performt. Wir hätten sicher gute Chancen gehabt, das Play-off zu erreichen. Mein Start war gar nicht schlecht, aber natürlich wollte ich mehr Tore schießen. Dann kam eine Verletzung dazu und ich konnte danach nicht mehr meinen Rhythmus finden.

Ab Ende Jänner mussten Sie 16 Partien lang auf der Tribüne ausharren. Das vorerst letzte Saisonspiel am 9. März (2:4 gegen Winnipeg) durften Sie bestreiten. Wie gehen Sie mit dem Status quo um?

Nach 70 Spielen ist es plötzlich aus. Wir versuchen trotzdem in Form zu bleiben und warten ab, wie es weitergeht. Ich denke, dass ich diese Phase mental ziemlich gut im Griff hatte. Die jüngeren Spieler knabbern schon daran. Aber ich habe schon vieles miterlebt, wie Verletzungen, oder eben aus dem Kader zu fliegen. Ich habe versucht, diese Spieler mitzuziehen und positiv zu bleiben. Und so wie jetzt alles gekommen ist, konnte es keiner kommen sehen.

Wie haben Sie die Unterbrechung in der NHL miterlebt?

Zuerst hat die NBA (die nordamerikanische Profi-Basketballliga, Anm.) ihre Saison unterbrochen. Da wussten wir schon, dass es auch uns treffen wird, weil viele Klubs ihre Hallen ja mit den Basketballern teilen.

Und wie ist die aktuelle Situation bei Ihnen in Scottsdale?

Nicht viel anders als anderswo. Wir haben uns gleich mit Lebensmitteln eingedeckt, also bevor die ganzen Hamsterkäufe begonnen hatten. In den USA haben die Leute einfach Bilder aus Europa gesehen und waren sensibilisiert auf Corona. Nach und nach werden nun die Restriktionen umgesetzt.

Hierzulande herrschte ein riesiger Ansturm auf Klopapier. In den USA auch?

Tatsächlich, ja. Das versteh ich ja überhaupt nicht. Aber die Menschheit handelt in so einer Situation wahrscheinlich wie in einer Schafherde.

Warum sind Sie nicht nach Villach zurückgekehrt, sondern in den USA geblieben?

In Arizona hat das Virus noch nicht so schlimm zugeschlagen. Ich bleibe zwar die meiste Zeit zu Hause, könnte mich theoretisch aber noch ein wenig frei bewegen. In Österreich bräuchte ich ein Fitnesscenter, um in Form zu bleiben. Da hat ja alles zu. Wenn ich nach Hause fliegen würde, müsste ich mich für zwei Wochen in Quarantäne begeben. Was soll ich da tun? Ich werde einfach hier in Arizona abwarten. Es wird ja noch davon gesprochen, dass die Saison heuer fortgesetzt werden soll. Hier in meinem Haus kann ich mich bewegen, habe ein Fitnessstudio, einen Garten, einen Pool und kann mit meinen Kindern spielen. Und ehrlich gesagt will ich nicht auf der Heimreise diesen Virus einfangen und ihn dann womöglich meinen Eltern weitergeben. Das wichtigste ist ist, dass wir uns von anderen Menschen fern halten. Das funktioniert hier sicher am besten.

Hat es auch damit zu tun, dass Ihre Frau US-Amerikanerin ist und es bei der Einreise Probleme geben könnte?

Expats werden ja zurückgeholt. Aber meine Frau Heather besitzt keinen österreichischen Pass, lediglich die Kinder. Und den US-Pass besitze ich nicht. Mir ist das alles zu schwammig, zu unsicher. Deswegen haben wir beschlossen, den Status quo beizubehalten und die Sache hier auszusitzen.

Was lösen Bilder aus Europa, die im Internet kursieren, bei Ihnen aus?

Ich lese viel, bin aber Realist. Vieles hinterfrage ich schon, obwohl wir auf manches nie Antworten erhalten werden. Es ist schon seltsam, dass der Virus in manchen Ländern schlimmer zuschlägt als in anderen. Man weiß schon nicht mehr, wem man glauben soll und was stimmt. Das Einzige, was hilft, ist soziale Kontakte zu vermeiden.

Wie ist die Nachrichtenlage in den USA, welchen Einfluss hat Präsident Trump?

Der Virus betrifft ja nicht nur die USA, sondern die ganze Welt. Und alle wollen das Ganze so schnell wie möglich loswerden. Aber der Krankheitsverlauf ist heimtückisch. Man kann sich zwei Wochen nach Ansteckung in Sicherheit wiegen, andere Leute anstecken und plötzlich bricht das aus. Es wird interessant, wie es danach weitergehen wird. Ich versuche einfach positiv zu bleiben, die Zeit mit den Kindern genießen und so normal wie möglich zu leben.

Sind Sie beunruhigt?

Natürlich, aber wir alle auf der Welt befinden uns im selben Boot. Ich sehe andererseits, wie sich die Natur erholt. Plötzlich gehen Freunde laufen, die Menschen kochen zu Hause gesundes Essen. Hier in Arizona unternehmen viele Wanderungen mit ihren Familien.

In den USA gibt es naturgemäß kein ökonomisches Auffangnetz wie in Europa oder in Österreich im Speziellen. Mittlerweile hat die US-Regierung medienwirksame Initiativen gestartet. Wie beschäftigen die wirtschaftlichen Auswirkungen das Land?

Trump hat den kleinen Unternehmen Hilfe versprochen. Ein Umdenken hat eingesetzt. Was man so hört und liest, soll ja nicht nur das Virus ausgeschaltet werden, sondern auch eine mögliche wirtschaftliche Katastrophe verhindert werden. Erst im Nachhinein wird man sehen, wie groß der Schaden tatsächlich ist.

In der NHL sind die Arbeitsverträge bekanntlich an die absolvierten Spiele plus Zuschauereinnahmen geknüpft. Erhalten Sie noch die vollen Gehaltsschecks?

Ich weiß es noch nicht. Aber es stimmt: Wenn wir nicht spielen, müssen wir sicher auf Gehälter verzichten. Allerdings ist alles unvorhersehbar. Keiner von uns war jemals in solch einer Situation mit dem neuen Kollektivvertrag (CBA, Anm.) sowie dem Escrow (Einbehaltung von Gehalt, Anm.). Es verlieren nicht nur NHL-Spieler Geld, sondern jeder auf der ganzen Welt. Hauptsache ist, dass die Familie genug zu essen hat. Alles andere kann ich nicht beeinflussen.

Zur Zeit danach: Wie lautet die Einschätzung von NHL, NHLPA (Spielergewerkschaft, Anm.) oder Ihrem Agenten?

Das weiß niemand. Wir werden immer wieder mittels Telefonkonferenzen von der NHLPA auf dem Laufenden gehalten. Aber Fakt ist: Niemand weiß es, alle können nur schätzen.

Egal, wann Sie startet: Die nächste NHL-Saison steht irgendwann bevor. Sie sind einem Trade entgangen. Gab es je Signale, dass Ihr Vertrag aufgelöst und Sie ausbezahlt werden?

Auch darauf habe ich keinen Einfluss. Es gab keine Gespräche. Das liegt auf meiner Prioritätenliste nicht ganz oben. Derzeit habe ich andere Sorgen, als über meine Zukunft nachzudenken. Ich hatte bisher eine gute Karriere. Man wird sehen, was nach diesem Corona-Virus passiert.