Eishockey-Profis orientieren sich an festen Tagesabläufen. In der NHL wird dieser oft durcheinandergewirbelt. Von den 82 Spielen im Grunddurchgang wird die Hälfte in der Fremde absolviert. Einige finden sogar in einer anderen Zeitzone statt. Für die Spielerfrauen vor Ort bedeutet das vor allem eines: Einsamkeit. Kerstin Müller, die Freundin von Michael Raffl, kennt dieses Gefühl. Die 27-Jährige verbringt heuer die erste Saison an der Seite des Villachers. Und weil Philadelphia nicht gerade als attraktive Ostküsten-Metropole gilt, ist sie gefordert, die Zeit mit möglichst viel Abwechslung totzuschlagen. „Ich bin total glücklich hier. Es ist aber schwierig, Freundschaften mit anderen Spielerfrauen aufzubauen“, gesteht die Ex-Volleyballerin und ergänzt: „Unser einzige Verbindung sind unsere Eishockey-spielenden Männer. Ansonsten gäbe es vermutlich keinen Kontakt.“
Viel Oberflächliches
Der kulturelle Unterschied zu den Nordamerikanerinnen nimmt eine große Rolle ein. Zwischenmenschlich spielt sich vieles auf einer oberflächlichen Ebene ab. Müller: „Am liebsten verbringe ich daher Zeit mit den tschechischen Frauen von Michal Neuvirth und Radko Gudas.“ Vom Klischee der ständig shoppenden Spielerfrau ist Müller aber weit entfernt.
Im Appartementhaus des Villacher Paares benützt sie gerne das Fitnesscenter. Lebensmittel-Einkäufe am nahe gelegenen Gemüsemarkt zählen zu den fixen Tagespunkten. „Es geht ja allen gleich. Jeder versucht, rauszu- kommen. Manchmal gibt es Charity-Veranstaltungen, die von uns Spielerfrauen organisiert werden. Und natürlich lässt sich niemand die Heimspiele der Philadelphia Flyers entgehen.“
Zukunft in der Heimat
Um ihren Job in den USA auszuüben, fehlt dem Master in Sportphysiotherapie das erforderliche Visum. Wobei dieses Thema mittlerweile obsolet ist. Müller und Raffl erwarten im März ihr erstes Baby. „Zu Weihnachten werden wir erfahren, ob es ein Bub oder ein Mädchen wird“, erzählt Müller strahlend. Auch wenn sich die Kärntnerin im Umfeld der Flyers gut aufgehoben fühlt, kann sie sich ein Leben in den USA nach der Eishockey-Karriere ihres Mannes nicht vorstellen. „Michi hat Großes erreicht, darauf bin ich sehr stolz. Und das Abenteuer hier erweitert den Horizont. Aber wir beide sind sehr heimatverbunden geblieben.“
Sie hofft jedoch gleichzeitig, dass ihr Mann noch lange seinen Traum in der NHL lebt. Müller weiß schließlich, mit einem Baby ändern sich nicht nur die Tagesabläufe. Die vielen Stunden des Alleinseins sind mit einem Schlag vergessen.