Die Welt ist gespalten, wenn über die größten Sensationen der Sportgeschichte debattiert wird. Lediglich beim Eishockey scheint die Sache mit dem „Miracle on Ice“ eindeutig. Eine College-Truppe aus den USA triumphierte bei Olympia 1980 in Lake Placid gegen die Sowjet-Profis im Halbfinale. Team Europe erging es beim „World Cup of Hockey“ ähnlich wie damals den jungen US-Amerikanern. Im Vorfeld des wiederbelebten Turniers in Toronto wurde die Mannschaft um den slowenischen Kapitän und NHL-Superstar Anze Kopitar nur milde belächelt. Die nordamerikanischen Fachkommentare erinnerten mehr an eine Partnervermittlung: zu alt, zu verbraucht, zu unattraktiv.
Bei den ersten Auftritten sahen sich die Kritiker sogar bestätigt. Die europäische Auswahl wurde nach allen Regeln der Kunst auf dem Eis filetiert. Nach und nach schlug sich allerdings die Erfahrung auf dem Eis durch. Mit einem Altersschnitt von 29,78 Jahren, insgesamt über 12.000 NHL-Partien in den Beinen sowie mit Motivationskünstler und Trainerfuchs Ralph Krüger (eigentlich bei Fußball-Klub Southampton im Vorstand) steht Team Europe nun aus heiterem Himmel im Finale. Wo die krassen Außenseiter nun auf Großmacht Kanada trifft. Unter tatkräftiger Mitwirkung eines Österreichers: Thomas Vanek wurde von General Manager Miroslav Satan als einziger der rot-weiß-roten NHL-Profis einberufen. Wohl aus sportpolitischen Gründen.
Vielfalt und Einheit
Deutschland stellt hingegen mit sechs Cracks neben der Slowakei die größte Abordnung. Obwohl drei von ihnen für 2016/17 noch immer keinen NHL-Vertrag unterschrieben haben. Dazu gesellen sich Spieler aus der Schweiz, Dänemark, Frankreich und Norwegen. Im Grunde spiegelt somit diese Eishockey-Mannschaft die Vielfalt und eine Art sportliche Einheit Europas wider. Im Gegensatz zum „World Cup of Hockey“. Er gilt zwar als bestbesetztes Turnier aller Zeiten, dennoch hat die Vermarktung von Veranstaltern NHL und deren Spielergewerkschaft NHLPA hauptsächlich auf den nordamerikanischen Markt abgezielt.
Umso mehr Druck lastet vor der Finalserie („Best-of-three“) auf den Kanadiern, die bei den Buchmachern als haushohe Favoriten gehandelt werden. Ob dieses Duell neuerlich in eine Kategorie à la „Miracle on Ice“ eingeordnet werden kann, hängt von den Europäern ab. Einen Eintrag in die Sportgeschichtsbücher sollte das Acht-Nationen-Team aber bereits jetzt wert sein.