Das mit der Liebe ist so eine Sache. Wer sie zulässt, riskiert, enttäuscht zu werden. Villach wirkt derzeit hin und her gerissen. So richtig traut man dem VSV wohl noch nicht. Die Zuschauerzahlen sind im Schnitt bei Heimspielen zwar leicht gestiegen (ca. 3000). Das war allerdings nach den letzten Jahren nicht besonders schwer.
Für eine neue Liebe müssen alte Affären abgeschlossen werden. Der VSV-Vorstand hat viel auf sich genommen und den Klub völlig neu ausgerichtet. Bis tief im Innersten wurde gebohrt, aufgeräumt, saniert, reformiert und neue Strukturen wurden eingezogen. Also nicht bloß Make-up aufgetragen. Dafür braucht es eine ehrliche Kommunikation. So tagt der Vorstand um Sprecher Gerald Rauchenwald, Andreas Schwab, Christian Kresse, Gerd Bacher und Marc Baumann wöchentlich. Und für die Außendarstellung des Klubs sind engagierte Profis am Werken.
Keine Verlierer geduldet
Frischer Wind auf dem Eis? Unbedingt. In Orkanstärke hat sich Trainer Jyrki Aho in der verschlafenen Stadthalle vorgestellt. Der Finne wird für seine lautstarken Befehle gefürchtet. Zu begründen, weil er nicht über den Luxus eines KAC verfügt, die Spieler einfach und unbürokratisch ins Farmteam zu degradieren. Und: Aho verpasste dem Team eine Identität und überzeugte alle, die alte Bezeichnung „Verlierer“ loszuwerden.
Begünstigt wurde Ahos erfolgreiche Peitschenknaller-Methodik auch von den Sommertransfers. Der VSV gab heuer deutlich mehr Geld aus als 2018. Resultat: Spieler wie Anton Karlsson, Brodie Reid, Patrick Bjorkstrand oder Marko Pöyhönen. Aber vor allem Torhüter Brandon Maxwell. Er löste erst spät Dan Bakala ab, bei dem befürchtet wurde, dass alte Verletzungen wieder akut werden könnten. Insgesamt scheuten die Blau-Weißen also keine unpopulären Personalentscheidungen. Stichwort: Aufrichtigkeit.
Ein Platz in den oberen fünf und die direkte Play-off-Qualifikation ist für den VSV absolut realistisch. Aus zwei Gründen: Rückhalt Maxwell, und die Villacher sind das torgefährlichste Team der Liga. 12,2 Prozent aller Schüsse schlagen ein. Womit die Mannschaft bei den kritischsten Fans punkten könnten: Alte Villacher Tugenden wurden neu entdeckt, Trainer Aho wies offensichtlich den Weg.
VSV flößt wieder Furcht ein
Der VSV legt einen neu entdeckten Kampfgeist an den Tag, attraktives Eishockey wird geboten. Ermöglicht durch ein hohes Maß an Disziplin. Im Training und bei Spielen. Dem Gegner wird dank einer äußerst zielgerichteten Taktik nichts geschenkt. Villach flößt also wieder Furcht ein – nicht auf der Grobian-Ebene, sondern spielerisch smart.
Was jedoch besonders auffällt: Der VSV sucht keine Ausreden, er handelt. Die Klub-Führung zieht in beachtlicher Regelmäßigkeit neue Sponsoren an Land. Und auf dem Eis befreien sich die Cracks in Eigenregie aus der Bredouille. Nach drei Pleiten en suite folgte der vielleicht wichtigste Derby-Sieg gegen KAC in den letzten Jahren. Und auf eine 1:5-Abfuhr wurde zuletzt mit einem 5:1-Sieg geantwortet, jeweils gegen Linz.
Aber: Noch befindet sich der VSV in einem Veränderungsprozess. Da ist es immer schwierig, gleich von der großen Liebe zu sprechen.