Noch bevor der Tag so richtig begonnen hatte, war Marco Rossi weg. Um 4 Uhr Tagwache in St. Pölten, danach zum Flughafen Wien-Schwechat, um 8.30 landete er in Kloten und um 9.30 Uhr stand er bereits in voller Montur bei ZSC Lions auf dem Eis. Nur gut, dass die Züricher in der Halle Oerlikon trainiert hatte - 15 Minuten vom Flughafen entfernt. Das Abenteuer U20-Nationalteam war für den Minnesota Wild-Stürmer also bis auf die Sekunde durchgetaktet. "ÖEHV-Mitarbeiterin Tamara Steiner hat wirklich toll geplant. Alles hat funktioniert", so Rossi. Viel Wertschätzung also schon jetzt für den angehenden NHL-Spieler.
Aus diesem Grund stand der NHL-Draftpick lediglich beim 4:2 gegen Ungarn auf dem Eis. Das 6:3 tags darauf verfolgte er, wie es sich für einen Kapitän gehört, in Zürich via Livestream. Sein Urteil? "Für die WM in Kanada muss noch viel passieren. Nicht, dass ich Ungarn schlecht reden möchte - aber bei den Juniors warten ganz andere Kaliber", meint Rossi. Vor allem die Tatsache, dass niemand des aktuellen Kaders über einen Fixplatz in einer ICE-Mannschaft erhält, sei ein großes Manko. "Die Alps Hockey League mag ein guter Zwischenschritt sein. Aber auf diesem Niveau braucht es ein höheres Tempo. Da muss man damit umgehen können, zu schnellen Entscheidungen gezwungen zu werden oder in einem taktischen System richtig zu spielen."
Dennoch zeigt sich Rossi über den Zusammenhalt des Teams begeistert. Das Trainerduo Marco Pewal/Philipp Pinter vermittle Spaß und Freude. Sie erteilen gute Ratschläge, geben ihre Erfahrung weiter. Eine Installation, die auf ÖEHV-Sportdirektor Roger Bader zurückzuführen ist. "Ich bin stolz, hier Kapitän sein zu dürfen", sagt Rossi, der mit Marco Kasper (16) und Senna Peeters den Paradesturm gebildet hatte.
"Kasper ist ein Draftkandidat"
Und speziell bei Kasper ortet Rossi ebenfalls enormes Potenzial. "Wie bei mir war es wichtig, sich vom gewohnten Umfeld abzunabeln und bei Rögle nun Selbstständigkeit zu erfahren. Das ist gut für die Entwicklung", versichert er. Auch Beobachter zeigten sich von Kasper, der in zwei Spielen zwei Treffer und zwei Assists beigesteuert hatte, positiv überrascht: Hohe Spielintelligenz, Skills und viel Knochenarbeit auf dem Eis. Wie es bei Rossi vor zwei Jahren, müsse lediglich am High-End-Speed gearbeitet werden. Rossi: "Dass er über das Potenzial für einen ganz frühen Draft-Kandidaten verfügt, steht außer Frage."
Der kurze Tapetenwechsel sowie die stressige Rückreise ließen beim Minnesota-Spieler bereits so etwas wie NHL-Atmosphäre aufkommen. "Ich glaube, das gehört dort zum Alltag." In Zürich erwartete ihn sofort jedoch eine ungleich höhere Intensität. Bereits am Samstag gastiert ZSC im Schweizer Cup beim HC Lugano (Raphael Herburger, Bernd Wolf).