Das überraschend abrupte Ende der Eishockey-Saison dürfte dem KAC nicht ungelegen gekommen sein. Ihnen blieb die Schmach eines höchstwahrscheinlichen Viertelfinal-Aus gegen Linz erspart (Serie: 0:3). Beinahe geraten damit viele Momente in Vergessenheit. Wie etwa jene drei Play-off-Vorstellungen. Und alles Weitere, was davor passiert war.
Fast demütig wurde der Meisterpokal 2019 gestemmt. In der Folge verpasste es General Manager Oliver Pilloni wieder einmal, einen sauberen Schnitt zu vollziehen, für frischen Esprit zu sorgen und 25 Prozent des Kaders zu verändern (wie es nach Titeln eigentlich Usus sein sollte). Ohne jedwede Adaptionen blieb auch das taktische Auftreten. Bereits im August gegen Biel war zu erkennen, wo die Schwachstellen des KAC liegen. Als die Schweizer aggressiv die Rotjacken-Verteidigung unter Druck gesetzt hatte. Und das für die Offensive im 21. Jahrhundert unumgängliche schnelle Umschaltspiel findet in Klagenfurt weiterhin keine Anwendung. 2018/19 ging alles auf, heuer war die monotone Strategie durchschaut worden - nicht nur von Linz.
Heimische als Leader
Eine gewisse Unbeschwertheit dank des Meisterbonus im Rücken, war insgesamt schneller aufgebraucht als vermutet. Ob es KAC-Trainer Petri Matikainen schaffte, seinen angekündigten neuen Führungsstil anzuwenden? Adam Comrie und anderen wurde offenbar der letzte Funken Selbstvertrauen bereits im Herbst genommen. Lars Haugen und Nick Petersen kamen nicht in Schwung - der Norweger bis zu seinem Aus vielleicht am Ehesten. In die Bresche gesprungen sind heimische Akteure wie etwa Thomas Hundertpfund, Thomas Koch, Johannes Bischofberger, Clemens Unterweger, Martin Schumnig oder Manuel Ganahl - letzterer sogar als „Interims-Kapitän“. Nachdem auf eine unvergleichliche Art der Teamplayer Dave Fischer abgesägt worden ist. Vielleicht war dies der vorletzte Akt, den die Mannschaft den Trainern nicht verziehen hatte.
Österreicher raus
Den Abschluss bildete eine skandalöse Entscheidung: Drei Österreicher wurden anstelle eines Imports abgemeldet. In der Serie gegen Linz war abzulesen, dass es sich rächte, bewusst auf die Erfahrung von 61 Play-off-Spielen (Steven Strong und Marco Richter) zu verzichten. Wie es so weit kommen konnte? Rok Ticar war Spekulationstransfer im Hinblick auf 2020/21 - ob dieser aufgeht? Jhonas Enroth kam 1:1 für Lars Haugen. Der unerfahrene Petter Hansson wäre die logische Abmeldung gewesen. Der junge Schwede war ursprünglich für das Farmteam vorgesehen, spielte solide, aber nicht herausragend. Doch er blieb, stattdessen mussten drei (!) Österreicher das Team verlassen. Hier hätte Pilloni eingreifen müssen, anstatt sich hinter einer „Trainerentscheidung“ zu verstecken.
Den Bonus eines Imports erfuhr auch Jhonas Enroth, der für eine Menge harter US-Dollars nach Klagenfurt geholt worden ist. So richtig wollte das niemand wahrhaben, dass über zwei Monate Wettkampf-Pause bei ihm eben Spuren hinterlassen haben. Der Schwede war weit davon entfernt, im Play-off ein Rückhalt zu sein. Er wirkte hölzern, behäbig, nicht fit - kurz gesagt: nicht in Form. Das hätte Pilloni wissen müssen.
Es klingt zwar ein wenig polemisch, aber es wäre interessant zu wissen, ob umgekehrt auch David Madlener - also ein heimischer Torhüter - jemals einen zweiten Start erhalten hätte. Die Rochaden hatten Signalwirkung und könnten Madlener noch länger beschäftigen.
Nicht falsch verstehen: Matikainen ist Meistertrainer, hat in Klagenfurt einiges bewegt, passt nach wie vor ausgezeichnet zum Klub, besitzt Charisma, findet stets die richtigen Worte und hat das nötige Auftreten. Aber vielleicht braucht es Veränderungen in seinem engsten Umfeld – einen neuen, farbenfroheren Anstrich.
Kein Team
Beim KAC wurden am Ende ein intaktes Seelenleben vermisst. Eine These lautet: Der viel gepriesene Konkurrenzkampf und der große Kader ließen es nicht zu, dass eine eingeschworene Truppe entsteht. Nie musste eine personelle Krise etwa mit zweieinhalb Linien bewältigt werden. Insgeheim freuten sich Spieler möglicherweise, wenn sie statt Verletzten überhaupt Einsätze erhielten. Das ist ihnen gar nicht zu verübeln.
Viele konstruierte, künstlich erzeugte Unruhen haben der Mannschaft geschadet. Die ganze Saison, inklusive aller Personal-Entscheidungen, wirkte wie ein Pokerspiel, das auf den Rücken von Menschen ausgetragen worden ist. Diese selbstgefällige Abgehobenheit hat den KAC eingeholt. Bis das Corona-Virus alles änderte. Die Frage wird sein, wie der Klub seine kritische Analyse jetzt anlegt. Wer übernimmt Verantwortung oder gesteht Fehler ein? 2018 wurde Dieter Kalt für eine ungleich ruhigere Saison gefeuert.