Hinter dem österreichischen Eishockey stehen viele Fragezeichen. Wie beurteilen Sie den aktuellen Zustand?
HELLMUTH REICHEL: "Es gibt zwei Seiten. Sportlich ist es gut, da ist die Liga ausgeglichen und das Kräfteverhältnis gut aufgeteilt. Jeder kann jeden schlagen. Aus finanzieller Sicht herrschen aber große Zweifel, ob wir adäquaten Ersatz für die Erste Bank finden können."
Sind Ihnen bereits mögliche Sponsoren bekannt, die dieses Konstrukt stemmen können?
"Soweit ich informiert bin, gibt es gute Gespräche mit Sponsoren.
Einige bevorzugen eine rein österreichische Liga, andere wollen an der Internationalität festhalten."
Was bevorzugen Sie?
"Für einen größeren Sponsor ist eine internationale Liga sicher interessanter. Sollten sich die ausländischen Klubs aber anderweitig orientieren, sind wir auch in der Lage eine gute österreichische Liga auf die Beine stellen."
Es heißt, Graz-Boss Jochen Pildner-Steinburg wird der neue Liga-Präsident. Ist er der richtige Mann?
"Meiner Meinung nach ja, weil er der erste Präsident wäre, der aus der Wirtschaft kommt. Der mit Sponsoren reden kann, der in seinem Unternehmen kaufmännisches Talent bewiesen hat und es in der Liga vorantreiben kann. Er ist ein kantiger, aber sicher ein guter Chef."
Der KAC blickt auf eine bisher durchwachsene Saison zurück. Erst tolle Serien, zuletzt folgten schwache Darbietungen mit Niederlagen. Woran liegt es?
2Ich glaube, dass eine Saison nach einem Meistertitel immer schwierig ist. Wir haben die Saison stark begonnen. Als ich das erste Training gesehen habe, dachte ich mir, dass wir alles zerreißen werden. Das war wohl nur ein Wunschgedanke. Bald hat sich der Schlendrian eingeschlichen und exakt so tritt das Team im Moment auf. Man sieht aber, wie eng die Liga ist. Wenn ein Team nicht bereit ist, 100 Prozent zu geben, liegt man schon zurück. Von außen betrachtet, ist es sicherlich das beste, was eigentlich einer Liga passieren kann."
Wie sind Sie mit der allgemeinen Entwicklung des Vereins zufrieden?
"Ich finde, wir haben eine tolle Entwicklung in den letzten Jahren durchlaufen. Mit der Kampfmannschaft sind wir absolut wettbewerbsfähig, um bei der Titelvergabe ein Wörtchen mitzureden. Das Farmteam wird immer stärker, spielt nicht mehr am Ende mit, tendiert schon Richtung Mittelfeld. Es kommen immer mehr junge Spieler hinein. Die U18 ist einsame Klasse in der EBJL. Und auch darunter steigt von Jahr zu Jahr die Qualität."
Nachwuchs kostet Geld. Wie geht es dem Verein aus wirtschaftlicher Sicht?
"So lange uns eine Gönnerin und Sponsorin wie Frau Heidi Goess-Horten hilft, natürlich immer gut. Das bedeutet nicht, dass wir mit dem Geld prassen. In Zukunft müssen wir auch einmal ohne ihre Unterstützung auskommen und dafür laufen die Vorbereitungen. Wir versuchen, sinnvolle Investitionen zu setzen, um dafür gewappnet zu sein."
Welche Pläne hat Heidi Goess-Horten mit dem Klub?
"Sie versucht, den Verein so auf die Füße zu stellen, dass er einmal auch ohne ihr weitermachen kann. Sie hat uns auf alle Fälle immer für einige Jahre abgesichert mit anhaltenden Verträgen. Was einmal am Ende dieser Verträge sein wird, kann man heute noch nicht sagen."
Der KAC ist bestrebt, über eine eigene Eishalle zu verfügen, um über bessere wirtschaftliche Voraussetzunge zu verfügen. Wie weit ist man da?
"Das müssen wir über kurz oder lang mit der öffentlichen Hand besprechen. Es muss uns nicht gehören, aber wir benötigen die Vermarktungs- und Benutzungsrechte. Wir müssen frei verfügen können, anders wird ein Überleben nur schwer möglich werden. Es gibt keinen Verein, der ohne Sportstätte existieren kann. Wenn die Stadt einen starken KAC haben will, werden sie uns in dieser Richtung entgegenkommen müssen.2
Der KAC-Nachwuchs tritt in allen Meisterschaften mit hohen Siegen unheimlich dominant auf. Sie müssten sehr glücklich sein, mit dieser Entwicklung oder?
"Nicht ganz. Der ÖEHV (Österreichischer Eishockey Verband, Anm.) war bisher nicht bereit, eine vernünftige Änderung vorzunehmen. Es ist aber höchste Zeit dafür. Man müsste den Verband in Amateur- und Profibereich aufsplitten. Es kann nicht ein Amateurverband eine Profiliga führen, wie soll das funktionieren? Eine große Masse der Mitglieder sind Amateurvereine, diese interessiert es überhaupt nicht, welche Probleme wir Großklubs haben. Sie wollen einfach in ihren Ligen spielen. Das ist auch ihr gutes Recht. Allerdings muss gleichzeitig zur Kenntnis genommen werden, dass einfach nicht genug Qualität in allen Altersgruppen flächendeckend vorhanden ist."
Was wäre die Lösung?
"Wir haben in Slowenien, also direkt vor der Haustüre, ein super funktionierende Nachwuchsliga. Wenn wir uns zum Beispiel mit Graz, Villach und den Slowenen bei den Altersgruppen abstimmen und eine Meisterschaft ausrichten, verfügen wir um deutlich ausgeglichenere Bewerbe. Die Reiseweg sind kürze, jeder Klub verringert die Ausgaben um viele Tausende Euro. Und nicht zuletzt: So eine Lösung wäre klimafreundlicher."
Woran spießt es sich?
"Ich weiß es nicht. Die aktuelle Regelung des Verbandes lautet, dass wir beispielsweise auch an der österreichischen Meisterschaft teilnehmen müssen, wenn unsere U14 in Slowenien mitspielt. Heißt, wir müssen doppelte Kosten stemmen. Allerdings verfügen wir nicht über genügend Spieler, damit man beide Meisterschaften parallel bestritten werden können. Die Kinder gehen ja auch zur Schule. Dies könnte man jedoch sofort ändern, es wäre bloß ein Federstrich."
Mario Kleinberger