Welche Erinnerungen haben Sie an Ihren bisher schrecklichsten Tag Ihres Lebens?
Daniel Welser: Ich kann mich an alles erinnern. Von Anfang an habe ich alles mitbekommen, ich konnte mich nur nicht verständigen. Zu Beginn hab ich noch reden können, hab zur Ulli gsagt, sie soll die Rettung rufen. Danach war es mit dem Artikulieren vorbei. Ich war linksseitig gelähmt, aber ich hab alles mitgekriegt. Von der ersten Minute bis zur OP. Als ich aufgewacht bin, hab ich sofort probiert, ob ich alles bewegen kann. Da war mir sofort klar, dass es gut für mich ausgegangen ist. Aber es war schon einiges, was mich belastet hat. Ich bin erst 34 Jahre, kann mich nicht gscheit bewegen und kann nicht mehr reagieren, das hat mich schon zusammengehaut. Gott sei Dank war die Ulli zu Hause und hat gerade die Küche sauber gemacht. Ich hatte knapp davor die Kinder ins Bett gebracht, dann ist alles relativ schnell gegangen.

Frau Welser, wie sind Sie mit dieser Situation umgegangen?
Ulli Welser: Es war sehr schlimm. Dani hat gsagt, ich soll früher laufen gehen, weil es schneller dunkel wird, was ich getan habe. Ansonsten war alles so wie immer. Bis ich plötzlich einen lauten Kracher wahrnahm. Dann hat sich der Daniel in Schräglage zu mir in die Küche gehantelt. Ich konnte es nicht einordnen. Im ersten Moment denkt man an einen Schwächeanfall. Er hat sofort gesagt, ruf die Rettung. Am Anfang war ich nicht panisch, erst, als ich merkte, dass von ihm nix mehr kommt. Er hat nichts sagen können. Ab diesem Zeitpunkt ist mir anders geworden, habe ich gehofft, dass unsere Töchter nicht munter werden. Plötzlich ist man einfach hilflos.

Wie sind die folgenden Minuten verlaufen?
Ulli Welser: Es war niemand da, nur eine Nachbarin aus Russland, die kein Deutsch spricht. Dann hab ich nochmals die Rettung angerufen, wo sie bleiben. Dabei sind von meinem ersten Anruf nur drei Minuten vergangen gewesen. Es hat sich aber wie eine Ewigkeit angefühlt. Wir haben das Einsatzprotokoll angefordert, weil ich nicht glauben konnte, das man so neben sich steht. Nach dem zweiten Anruf kontaktierte ich den Vereinsarzt Gerhard Oberthaler, der ein guter Freund von uns ist. Ohne seine Hilfe wäre es wohl ganz anders ausgegangen. Die Rettungsleute gingen von einem orthopädischen Problem aus. Ich hab sie gefragt, ob es nicht ein Schlaganfall sein könnte, was sie verneinten und Daniel prompt ins falsche Krankenhaus einlieferten. Da ich zu Hause bei den Kindern blieb, habe ich nochmals Gerhard angerufen und ihm gesagt, es ist was Ernstes. Er ist mit der Vespa ins Krankenhaus gefahren.

Daniel Welser: Gerhard hat mich liegen gesehen und sofort angeordnet, dass ich in die Christian-Doppler-Klinik komme, die gleich in der Nähe ist. Dort ist alles ganz schnell gegangen. Da wurde eine Gefäßverstopfung festgestellt, kurze Zeit später war ich schon im Operationssaal.

In der Zeit der Ungewissheit, hadert man da mit dem Schicksal?
Daniel Welser: Es hat alles seinen Grund, ich denk auch nicht über die Ursache nach. Warum es passiert ist, man will es wissen, aber es bringt nix, wenn man es weiß, weil ich kann es nicht mehr ändern. Im Nachhinein ist es gut ausgegangen, gehadert hab ich aber nicht.
Wie war für Sie diese Zeit?
Ulli Welser: Die erste Woche war hart, solange Daniel in der Intensivstation lag. Es war geistig und körperlich anstrengend. Die Kinder spüren, dass irgendwas nicht passt. Plötzlich sind alle Omas und Opas da, aber der Papa nicht mehr. Positiv war, dass wir schnell gewusst haben, dass Daniel wieder vollständig gesund werden wird. Es war nur kurze Zeit ungewiss, aber nach vier, fünf Tagen ist es schnell bergauf gegangen. Wenn man sieht, er redet, bewegt sich und sieht normal aus, fällt einem ein Stein vom Herzen.

Welche Gedanken gingen Ihnen durch den Kopf nach der Not-OP?
Daniel Welser: Ob ich wieder Eishockey spielen kann. Wie es privat wird, ob ich wieder der Alte werde, da gehen viele Gedanken durch den Kopf. Obwohl ich viel schlief und viel mit der Pädagogin sprach. Dadurch wurden die W-Fragen schnell abgehakt, denn sie hat sofort gemeint, es bringt nix, darüber nachzudenken, was wäre gewesen, wenn ... Ich bin schnell zum Entschluss gekommen, was die Zukunft bringt, werden wir ja sehen. Zuerst dachte ich, dass ich weiterspielen werde, aber nach der Reha war klar für mich, dass ich meine Karriere beende, da wir mit einem blauen Auge davongekommen sind. Ich wollte immer mindestens bis zum 35. Lebensjahr spielen. Der Schlaganfall hat mir aber die Entscheidung, wann ich meine Karriere beenden werde, abgenommen.

Hat sich Ihre Lebensphilosophie geändert?
Man nimmt alles etwas lockerer, denn es kann sich innerhalb einer Sekunde so viel ändern. Man sieht nicht mehr alles so tierisch ernst. Man glaubt ja nie, dass es einen selber erwischen kann. Daher genieße ich es, dass wir in einer guten Position sind, denn es kann schnell in die andere Richtung gehen.
Ulli Welser: Man wird demütiger und dankbarer. Im Krankenhaus sieht man so viele harte Schicksale, da bleiben viele ein Pflegfall, das hätte auch mir passieren können. Daher versuche ich schon, gelassener und entspannter zu werden. Ich bin jetzt von zu Hause wegfahren und die Küche war noch nicht sauber, das hätte ich vorher nie gemacht. Auch bei den Kindern lass ich viel mehr durchgehen als davor. Wir waren immer so Getriebene, dass wir das und das noch machen. Jetzt gehen wir alles etwas gelassener an, was für mich nicht leicht ist, aber es öffnet einem die Augen.

Wie dankbar sind Sie allen Ihren Schutzengeln?
Daniel Welser: Wenn die Ulli nicht da gewesen wäre, wäre ich da gelegen, hätte nix machen können. Sie hat super reagiert, hat alle möglichen Hebel in Bewegung gesetzt. Großen Dank an Gerhard Oberthaler und alle, die mitgeholfen haben, dass es mir wieder so gut geht. Der Verein ist völlig hinter mir gestanden. Die Unterstützung von so vielen Leuten hat mich sehr, sehr berührt, war auch wichtig für mich in dieser Situation. Viele schrieben mir, haben mich angerufen. Es war ein Wahnsinn, was da abgegangen ist und wie es die Leute auch berührt hat.

Werden Sie dem Eishockey erhalten bleiben?
Ja, möchte ich schon. In welcher Position, weiß ich noch nicht. Was ich weiß, dass ich vorerst nicht im Profigeschäft arbeiten will. Ich sehe mich eher im Nachwuchsbereich.

Wo sehen Sie Ihren Ehemann?

Ulli Welser: Er ist definitiv keiner, der in der Früh ins Büro gehen kann und dort neun Stunden sitzt. Daniel kann nur im Sport glücklich werden. Er kann gut mit Kindern und Jugendlichen, da wäre der Nachwuchsbereich genau das Richtige.

Wie stolz macht es Sie, dass die Rückennummer 20 in Salzburg nicht mehr vergeben wird.
Daniel Welser: Damit hätte ich nie gerechnet, da es noch nie passiert ist. Da sieht man die Wertschätzung und, was man geleistet hat. Damit konnte ich lange nicht umgehen, erst, als ich es gelesen habe und meine Laufbahn Revue passieren ließ, ist es mir gekommen, dass ich eine geile Karriere hatte.