"Die Punkteregelung ist schuld", lautet wohl der meistgehörte Satz im heimischen Eishockey. Gemeint ist damit die Liga-Vorgabe, dass eine Mannschaft auf dem Spielbericht maximal 60 Punkte umfassen darf. Jeder Crack wird dafür individuell bewertet. Seit Jahren wehrt sich Erste Bank Eishockey Liga (EBEL) und deren Klubs mit Händen und Füßen gegen Transparenz und Offenlegung, wieviel ein Spieler tatsächlich punktemäßig "wert" ist. Und weil die mehrheitlich kanadischen Trainer erwiesenermaßen erst kanadische Spieler verpflichten, müssen die heimischen Akteure länger als anderswo üblich um einen Job für die kommende Saison bangen.

Aber: Alle Imports (ausgenommen U24-Spieler) zählen vier Punkte, bei einer durchschnittlichen Anzahl von zwölf Imports pro österreichischen Klub ist damit das Maximum schnell erreicht. So ist es usus geworden, dass Österreicher lediglich zur Auffüllung einer Mannschaft dienen (mit wenigen Ausnahmen). Junge Spieler bevorzugt, da diese viel weniger das Punktekontingent belasten, als routiniertere Spieler oder Nationalteam-Spieler um die 30 Jahre. Nicht selten wurde daher schon von Diskriminierung älterer Cracks gesprochen.

Neue Dimension

Heuer dürfte diese Benachteiligung der arrivierteren Eishockey-Spieler eine neue Dimension erreicht haben. Denn viele, der acht österreichischen Klubs haben ihre Kaderplanung bereits abgeschlossen. Übrig geblieben sind nun eine stattliche Anzahl von nicht weniger als 14 Spielern. Unter anderem prominente Namen, die über Jahre hinweg das heimische Eishockey geprägt hatten:

Damit reduziert die Liga jedoch nicht nur kontinuierlich die Anzahl an rot-weiß-roten Eishockey-Spielern. Sondern sie verliert mitunter Identitätsfiguren des Sports. Dieser sorglose Umgang mit heimischen Größen verhindert, dass Eishockey nachhaltig jene Breitenwirkung erzielt, nach der die EBEL seit Jahren strebt.

Spiegelbild: Nationalteam

Ein Spiegelbild der heimischen Eishockey-Liga ist immer das Eishockey-Nationalteam. Trotz schlechten Abschneidens bei der B-WM in Kattowitz samt Verbleib in der Zweitklassigkeit dürfte allerdings nicht für ein kollektives Wachrütteln sorgen. Im Gegenteil, die viel gescholtene Punkteregelung bleibt schier unantastbar. Für eine zahlenmäßige Festsetzung von Legionären verweist man, obwohl Kanada den Löwenanteil an Imports bildet, auf EU-Recht. Dem Österreichischen Eishockey Verband (ÖEHV) sind ohnehin die Hände gebunden. Auch wenn Präsident Dieter Kalt sowie Sportdirektor Alpo Suhonen bei der WM in Prag das Loslösen der EBEL vom Verband im Nachhinein als großen Fehler bezeichnet hatten, scheint der Verband nun die nächste Eishockey-Baustelle aufzureißen.

Der zweiten Liga INL wird nun ein neues Gewand verpasst und das "Produkt Eishockey", wie es manche Funktionäre gerne bezeichnen, auf eine scheinbar neue Ebene gehoben. Unter dem Deckmantel AHL (Alps Hockey League) soll die Zweitklassigkeit den entstandenen Niveauunterschied zur EBEL schließen. Mit einem nicht unwesentlichen Makel: Auch hier soll zukünftig eine Punkteregelung (Maximum: 36 Punkte) die Schwemme an Import-Spielern reduzieren und Nachwuchstalente zu fördern. Dass dies aber tatsächlich so eintrifft wie geplant und getönt, davon hat man schon damals geträumt. Als der EBEL die Punkteregelung aufgedrückt worden ist.

Eine Aussage ist im heimischen Eishockey unwahr: Es gibt nicht zu wenige heimische Spieler. Der Fokus liegt leider vielfach auf Legionären. Speziell damit kaschieren Klubs ihre nicht-vorhandene Nachwuchsarbeit, anstatt die Suppe auszulöffeln, die sie sich schon vor vielen Jahren selbst eingebrockt hatten.

MARTIN QUENDLER