Die vielleicht interessanteste Generalversammlung der Eishockey-Liga seit geraumer Zeit geht am Mittwoch über die Bühne. Viele Grundsatz-Entscheidungen warten auf Abstimmung. Den wohl größten Tagesordnungspunkt nehmen wohl die Kandidaten ein, die sich für die Aufnahme in die bet-at-home ICE Hockey League (kurz: ICE) beworben haben: VEU Feldkirch, Olimpija Ljubljana (HK nicht HDD) sowie HC Pustertal. Orli Znojmo muss nach dem Ausstieg 2020 einen neuen Antrag stellen.
Im Falle einer Aufnahme sind insgesamt immerhin 600.000 Euro - also 150.000 Euro pro Verein - Nenngeld zu berappen. Diese werden einem Liga-Topf zugeführt und reduzieren die laufenden Kosten aller. Aber: Zuvor müssen sich die ICE-Klubs darauf verständigen, wie viele Mannschaften sich überhaupt zu den bestehenden elf Teams gesellen dürfen. Eine runde Anzahl sei das Ziel, ist hinter den Kulissen zu hören.
Insofern ist es schwer zu beurteilen, welcher Verein die besten Chancen auf Aufnahme besitzt. Die neuen Standorte verfügen allesamt über eine gewisse Attraktivität, ebenso können berechtigte Zweifel nicht unter den Teppich gekehrt werden. Das Wort "Geschmackssache" kursiert.
Alte Bekannte
Der langjährige EBEL-Verein Orli Znojmo etwa galt stets als zuverlässiger Partner, allerdings mit einem durchaus unberechenbaren Präsidenten Pavel Ohera. Und das Finanzdebakel von Olimpija Ljubljana betrifft, wie allerorts betont wird, die "alte" Organisation. Der slowenische Standort hätte allerdings einen immensen Bonus: europäische Hauptstadt, regionales Monopol, tolle Fans, renoviertes Stadion und kein Konkurrent für den österreichischen Spielermarkt.
Letzteres darf wohl als großer Nachteil für Traditionsklub VEU Feldkirch ausgelegt werden. Die ohnehin angespannte Situation was österreichische Spieler betrifft würde durch Aufnahme des unmittelbaren Konkurrenten Dornbirns die Lage weiter verschärfen. Wie Liga-Kreise bestätigen, benötigt es zudem technische Investitionen in die Heimstätte Feldkirchs. VEU bedeutet jedoch auch Nostalgie. Ob das allein genügt?
Neue Arena als Blickfang
Eine durchaus interessante Bewerbung lieferte der HC Pustertal (derzeit Alps Hockey League) ab. Einziger Nachteil vorweg: In Südtirol ist HC Bozen mit Präsident Dieter Knoll der Platzhirsch. Charme hat der Klub des pittoresken Örtchens Bruneck mit 16.000 Einwohnern am Fuße des Kronplatz allemal. Die Fans verfügen über ein Feuer, wie man es auch aus Bozen kennt (es herrscht übrigens ein ähnlich inniges Verhältnis zwischen den beiden Südtiroler Klubs wie in Wien zwischen Rapid und Austria).
Aktuell wird dort eine nagelneue Eishalle mit gut 3100 Zuschauern Fassungsvermögen aus dem Boden gestampft. Laut Zeitplan wäre die "New Wolves Arena" im Spätsommer bezugsfertig. Und sollte es doch Bauverzögerungen geben, wäre eben jene Flexibilität gefragt, wie bei den Umbauarbeiten in Graz oder Klagenfurt.
"Der Schlüssel liegt in der Aufstockung", blickt Pustertal-Vorstand Patrick Kirchler nüchtern den Tatsachen ins Auge. "Wir wollen punkten mit Tradition, guter Fanbasis und solider Partnerschaft – und natürlich mit unserer neuen Arena. Unsere Kandidatur ist kein Blitz aus heiterem Himmel, wir haben jahrelang darauf hingearbeitet", verweist der Südtiroler auf die Bewerbungen von 2016 und 2019.
Doppelstaatsbürger oder Pustertal?
Eine Theorie besagt, dass es bei Pustertal zu einem Politikum kommen könnte. Vielen Klubs ist die Regelung hinsichtlich Doppelstaatsbürger (in Bozen sind 17 in Kanada geborene Spieler engagiert, acht davon zählen aber nicht als Imports) ein Dorn im Auge. Sie verlangen eine sofortige Reduktion. Sollte sich Bozen-Präsident Knoll diesbezüglich querlegen, könnten die österreichischen Klubs mit ihren Stimmen für Pustertal für eine Retourkutsche sorgen. Andererseits: Die Brunecker berichten, dass Knoll seine Unterstützung signalisiert habe.
Über Pustertal, Olimpija Ljubljana, VEU Feldkirch und/oder Orli Znojmo entscheiden elf Stimmen. Zehn Klubs (ohne Bratislava Capitals - kam erst 2020 in die Liga) plus Liga-Präsident Jochen Pildner Steinburg. Eine Zwei-Drittel-Mehrheit wird für die Aufnahme benötigt (acht Stimmen), Stimmenhaltungen werden ab sofort als "Nein" behandelt.
Ob das Endergebnis jedoch wirklich noch am Mittwoch vorliegt, steht in den Sternen. Die Entscheidung über die Aufnahme neuer Kandidaten könnte aufgrund von Znaim sogar vertagt werden. VSV-Vorstand Andreas Schwab zeigt sich mit Laibach, Feldkirch und Pustertal einverstanden. Nicht überall stößt die Eile auf Verständnis - wie etwa in Klagenfurt.
KAC-General Manager Oliver Pilloni, der seine Präferenzen nicht verraten möchte, meint: "Ich finde es zu früh, dass das alles jetzt entschieden werden muss. Die Saison ist noch gar nicht zu Ende. Und wir wissen noch gar nicht, wie groß die finanziellen Auswirkungen dieses Jahres mit Corona sind."
Fazit: In erster Linie wird zu klären sein, wie viele Teams die Liga zukünftig umfassen soll. Bei einer 12er-Liga dürfte Laibach die besten Karten haben, aufgenommen zu werden. Sollte sich die Liga tatsächlich auf 14 Teilnehmer verständigen, dürften sich zu den Slowenen auch Znaim und Pustertal gesellen.