Eigentlich hat Ihre Amtszeit ja vor knapp einem Jahr begonnen. Erst im Sommer wurden Sie dann als Eishockey-Liga-Präsident bestätigt. Wie lautet Ihr Resümee?
JOCHEN PILDNER-STEINBURG: Es war sehr arbeitsintensiv, auch aufgrund der Corona-Situation. Dennoch war es zufriedenstellend, dass wir die Meisterschaft durchgebracht und abgewickelt haben. Darauf war unser Fokus in erster Linie gerichtet. Dieses Ergebnis können wir mit stolz vorzeigen. Es haben in dieser Zeit natürlich viele organisatorische und strategische Aufgaben gelitten, die ich mir vorgenommen habe. Aber es gibt doch einiges, was am Mittwoch in der Generalversammlung zum Beschluss vorliegen wird. Und es gibt einiges für ein modernes, zukunftsweisendes Konzept der bet-at-home-ICE Hockey League.
Auf Ihrer Agenda haben Sie Einsparungen, eine Verschlankung des Apparats. Ist Ihnen das bereits gelungen?
Es gab keine spektakulären finanziellen Einsparungen. Die Umplanungen, Neuplanungen und die neuen Vorschriften haben uns einen erhöhten Arbeitsaufwand abverlangt. Allerdings gab es Veränderungen in den Arbeitsabläufen bei Liga und Management. Auch Liga-Geschäftsführer Christian Feichtinger hat erkannt, dass gewisse Dinge anders gehen, als sie bisher gelaufen sind. In der Vergangenheit gab es sicher mit gewissen meiner Vorgänger eingebürgerte Praktiken, die vielleicht damals notwendig waren, die haben wir korrigiert. Aber, und das ist zu betonen, es gibt einen klaren Auftrag und ein Konzept für eine sich weiterentwickelnde Organisation. Das ist unser nächstes Ziel.
In welche Richtung geht es dabei?
Das wird bis zum Ende der laufenden Meisterschaft erarbeitet und könnte bereits für die kommende Saison präsentiert werden. Es ist nichts Spektakuläres, wir haben keine Einsparungsmöglichkeiten von 50 bis 60 Prozent. Wir benötigen einen Stab, aber wir müssen effizient arbeiten. Das ist meine Aufgabe, das dorthin zu bringen. Für die Ausarbeitung ist das Liga-Büro zuständig, Christian Feichtinger weiß aber wohin es geht. Die Zusammenarbeit ist in Ordnung, sie läuft gut. Ich habe in den letzten Monaten auch Einblicke erhalten, die ich als Außenstehender nicht hatte. Es gibt sehr viele Einflüsse von außen, die berücksichtigt werden müssen.
Zum ersten Mal hat eine Liga-Saison de facto ohne Zuschauer stattgefunden. Können Sie den Schaden beziffern?
Der direkte finanzielle Schaden für die Klubs, infolge fehlender Zuschauereinnahmen und Sponsoren-Ausfälle, wurden erfreulicherweise durch den Hilfsfonds des Sportministeriums abgegolten. Somit erreichte die Vereine kein nennenswerter, wirtschaftlicher Schaden. Das sollte auch bis zum Ende der Meisterschaft so bleiben. Nicht beziffert werden kann, was durch das Fernbleiben der Zuschauer eintritt. Der Kontakt zu den Teams, zu den Spielen ging verloren. Unsere Aufgabe war es, die Fankultur aufrecht zu halten. Das ist uns hoffentlich durch erstklassige, hochqualitative Streaming-Lösung gelungen. Aber das sehen wir erst, wenn wieder Zuschauer zugelassen werden.
Welche Höhe hatte die öffentlichen Zuwendungen aus dem Hilfsfonds?
Das erhalten die Vereine individuell, das kann ich nicht sagen. Jetzt sollte die Auszahlung der Phase 3 erfolgen mit dem bisher größten Teil von Zuschauereinnahmen. Und auch die Kompensation der Sponsoreneinnahmen soll damit ausbezahlt werden.
Thema Generalversammlung: Welche Tagesordnungspunkte umfasst die Sitzung?
Es erwartet uns die Quadratur des Kreises. Eine Generalversammlung über Video gab es noch nie. Die Tagesordnung wurde gestrafft. Berichtspunkte, die ich als Klub-Vertreter schon kritisiert hatte, wurden schriftlich übermittelt. Es müssen bei dieser Sitzung einerseits strategische Entscheidungen getroffen werden, also Änderung und Anpassung von Statuten. Wesentlich ist aber vor allem die Aufnahme neuer Vereine. Und natürlich werden über Klub-Anträge abgestimmt, die den Liga-Betrieb betreffen.
Eine Expansion steht an, fünf Klubs wollen in die Liga. Wie viele Teilnehmer "verträgt" die ICE?
Das zu klären, wird eine Grundsatzentscheidung, wie weit wir die Liga ausweiten wollen. Wir haben zurzeit vier Anträge vorliegen, die alle sehr fundiert sind. Ich war selbst involviert. Es sind vier ernstzunehmende Anmeldungen, die sowohl wirtschaftlich wie auch technisch genau geprüft sind. Alle vier können nebeneinander gelegt werden und sind vergleichbar.
Moment, sie sprechen von vier Bewerbern. Also VEU Feldkirch, EHV Linz, Pustertal sowie Olimpija Ljubljana? Und Orli Znojmo?
Das Thema Znaim liegt im Hintergrund. Sie haben eine Wiederaufnahme ihrer angeblichen Rücklegung ihrer Spiellizenz beantragt. Das wird in der Generalversammlung aber nicht behandelt. Weil wir im Präsidium einstimmig festgestellt haben, dass Znaim durch das Aussteigen einen neuen Antrag stellen müsste, verbunden mit allen finanziellen Konsequenzen. Das ist bis dato nicht geschehen. Und damit ist Znaim kein offizieller Bewerber. Insofern wird über vier abgestimmt, wobei wir noch nicht wissen, auf wie viele Vereine sich die Generalversammlung einigt.
In anderen Ligen kämpfen die Klubs ums Überleben, die ICE verfügt über vier neue Bewerber. Ein gutes Signal?
Wir befinden uns in einer luxuriösen Situation, und das ist ein Resultat der guten Arbeit in der Liga, dass wir die Teilnehmer und Bewerber auswählen können. Früher haben wir um jeden einzelnen Klub gekämpft. Jetzt müssen wir entscheiden, wie viele Klubs wir vertragen. Auch wenn es derzeit unrealistisch ist: Wir wären sogar in der Lage, eine 16er-Liga aufzustellen. Außerdem führt das zu Implikationen des Spielermarktes, nicht nur in Österreich, sondern auch bei den anderen teilnehmenden Ländern. Da muss man aufpassen, dass es uns nicht irgendwann hemmt.
Feldkirch, Linz und Pustertal - drei Bewerber in unmittelbarer Nachbarschaft eines bestehenden Liga-Vertreters. Verträgt sich das?
Wir haben acht österreichisches Klubs. Dann sollte Italien durchaus zwei Liga-Vertreter vertragen. VEU Feldkirch muss diskutiert werden, das möchte ich nicht präjudizieren. Sie haben sich ordnungsgemäß beworben, und meine Aufgabe ist es, das zur Abstimmung zu bringen. Das gleiche gilt für Linz (der von Black Wings abgespaltene Verein EHV bewirbt sich, Anm.). Dort läuft leider ein ungustiöser Zinnober mit strafrechtlichen Dingen ab. Das tut dem Eishockey-Sport nicht gut. Aber die abstimmenden Klubs haben noch nicht ihre Tendenzen erkennen lassen. Es wird im Hintergrund jedoch viel interveniert, Wahl- und Gegenwerbung betrieben.
Welche Relevanz besitzt dabei eine gerade Anzahl an Teilnehmern?
Ideal wäre es. Aber wir konnten mit der Corona-Situation umgehen, und werden durchaus eine ungerade Zahl an Teams aushalten.
Was haben Sie mit "Änderungen im Liga-Betrieb" gemeint?
Die eine oder andere Unstimmigkeit herrscht hinsichtlich Kaderregelungen. Wobei diese explizit nicht durchgenommen wird. Es gibt Klub-Anträge, die Ungleichheiten gerade stellen sollen.
Doppelstaatsbürgerschaften?
Das haben jetzt Sie gesagt.
Man hat heuer immer wieder gehört, dass die Teams mit dem Modus, sprich Platzierungs- und Qualifikationsrunde nicht einverstanden sind. Ein Thema?
Selbstverständlich befindet sich auch das auf der Tagesordnung, aber im Sportausschuss, nicht bei der Generalversammlung. Wir haben es definitiv auf unserer Agenda. Im Nachtrag, wenn wir wissen, wer alles bei uns spielt, werden Modus sowie Kaderregelung behandelt.
Der Österreicher-Markt an Spielern ist dünn. Und könnte durch neue rot-weiß-rote Teams noch dünner werden. Welche Konsequenzen hätte das auf die Import-Regelung?
Das ist alles sehr komplex, weil dabei ja auch der Österreichische Eishockey Verband (ÖEHV) involviert sein muss. Im Rahmen der Kooperationsvereinbarung gibt es Beschlüsse und Forderungen, die der ÖEHV gerne haben möchte. Bis jetzt haben zwischen Verband und Liga aber keine Gespräche geführt wurden. Das erfolgt im April. Aber ja, der Österreicher-Markt ist mit neuen österreichischen Vereinen sicher angespannter. Wir haben daher einen Transferstopp festgesetzt bis Ende Mai. Um zu Verhindern, dass österreichische Spieler abgeworben und verpflichtet werden. Imports sind davon nicht betroffen.
Interessant wäre zu wissen, weil mit insgesamt 109 Imports bei österreichischen Teams ist diese Zahl ja stark gestiegen...
(unterbricht) Moment, das stimmt nicht. Wir haben nachgewiesen, dass die Zahl in etwa gleich geblieben ist. Es gab zwischenzeitliche Verstärkungen aus der NHL, die aufgrund der Tauschvorgänge als zusätzliche Ausländer gerechnet worden sind, die sind ja wieder abgebaut worden.
Es wäre wichtig zu wissen, wie viel Eiszeit österreichische Spieler erhalten. Warum wird diese Statistik plötzlich nicht mehr veröffentlicht?
Das ist etwas in den Hintergrund geraten, stimmt. Wir wollten das in einem Gesamtkonzept der Digitalisierung einbinden. Es gab aber dort und da technische Lücken. Das ist sicherlich ein Thema, das zurückkehren wird.
Sie sind Liga-Präsident und Graz 99ers-Präsident in einer Person. Wie gelang es Ihnen in den letzten Monaten die Interessen voneinander zu trennen?
Das muss man. Die Klub-Interessen dürfen nicht im Vordergrund stehen. Manchmal fällt es sehr schwer. Insbesondere, wenn ich mir die Aktivitäten des DOPS ansehe. Das ist ein Thema, bei dem ich vorsichtig bin. Niemand kann mir aber vorwerfen, dass ich die 99ers bevorzugt behandelt hätte.
Ihre wichtigsten Verbündeten waren Hellmuth Reichel (KAC) und Hans Schmid (Vienna Capitals). Sind sie das noch immer?
Selbstverständlich. Es sind einige neue Verbündete dazugekommen, weil Sie gesehen haben, dass ich als Gründungsmitglied der Liga als oberste Gebot die Weiterentwicklung sehe. Es herrscht ein gutes Klima der Kooperation unter den Vereinen. Im sportlichen Wettkampf kann das temporär verwischt werden. Das ist ganz natürlich.