Im Frühling 2010 herrschte noch keine Aufbruchsstimmung im österreichischen Eishockey. Damals hatte sich ServusTV, der Privatsender von Red Bull-Boss Dietrich Mateschitz, die Übertragungs-Rechte geangelt. Und allerorts wurde befürchtet, dass ab sofort vom "Dosensender" nur noch parteiische Sportberichterstattung ins Haus geliefert wird. Mit diesem Märchen wurde rasch aufgeräumt. Charismatische Profis vor und hinter der Kamera versorgte Eishockey-Österreich mit bester Qualität und Fachkompetenz.

Diesem kleinen, und gewiss unerfahrenen Team gehörte seit damals auch Martin Pfanner auf. Der Vorarlberger (Markenzeichen: Motörhead-Shirt) erhielt damals einen Anruf von Werner Eksler, Co-Geschäftsführer von West4Media, damals Produktionschef beim Red Bull Media House, sollte im Auftrag von Mateschitz die Eishockey-Redaktion aufbauen. Leiter der Redaktion wurde ORF-Legende Christopher D. Ryan, dazu wurde der Deutsche Philip Wolfarth engagiert (früher DMAX). Angewiesen war ServusTV auf viele Zulieferbetriebe, also externe Produktionsfirmen. Die Taktzahl sowie der eigene Anspruch von ServusTV war von Anfang hoch. Und vielleicht sogar höher, als es heimische Liga-Klubs überhaupt verkraften konnten. Eishockey wurde auf eine neue Ebene gehoben, die Profi-Klubs waren sportlich vielleicht adäquat aufgestellt, wurden jedoch mit dem neuen Niveau auf einem völlig falsche Fuß erwischt. Und das im Jahr 2010.

Alle Hallen mussten neu verkabelt werden, um Kurzzusammenfassungen von jeder einzelnen Partie unmittelbar nach Spielende an den Sender in Salzburg zu übertragen. Dort wurde die Clips kommentiert und im Internet noch in der Nacht ausgespielt. "Es wirkte anfangs alles vogelwild", erinnert sich Pfanner an die Tests im August. Eine Woche nach dem Red Bull Salute, der internen Generalprobe begann die Meisterschaft mit Salzburg gegen Linz. Übertragen wurde die Partie aber nicht wegen der Red Bull-Nähe, sondern weil es die Neuauflage des Vorjahres-Final-Duells war.

"Unsere Intention war vom ersten Augenblick klar. Wir wollten dem Eishockey eine Bühne geben, die es verdient und so inszenieren, wie noch nie zuvor", schildert Pfanner, der sich eigentlich dem American Football verschrieben hat. Plötzlich gab es nicht nur ein Eishockey-Spiel, sondern auch Cable Guys (Spieler wurden mit Mikrofon ausgestattet), Kabinen-Kameras, 3D-Analysen, einen Statistik-Blog, ein Hallen-Studio, Field-Reporter und 16 Kameras, die dem TV-Publikum Erlebnis-Journalismus geboten hatten. Für die Drittelpausen wurden eigene Kurzfilme, etwa Porträts, aufwändig produziert. "Wir wollten den Klubs eigentlich viel Fläche geben. Allerdings stießen wir im Laufe der Jahre auf Widerstand."

Während in Österreich die Klubs ein Format wie "Cable Guys" immer mehr als Ablenkung und Bürde sahen, ihren Spielern, die für einige Kult-Aussagen (Philipp Lukas: "s'peinlich") sorgten, einen Maulkorb verpassten, startete ServusTV damit in Deutschland so richtig durch. Sogar eine Kooperation mit der "Bild"-Zeitung konnte realisiert werden, ein Eishockey-Hype wurde gestartet.

Freiluft-Derby 2015 mit Rekord-Quote

Ein Mysterium bildete stets Reichweiten und Quoten bei ServusTV. Erst jetzt kann Pfanner einige Zahlen bestätigen. Ganz weit vorne liegt das 7. Finalspiel zwischen KAC und Salzburg im Jahr 2011. "Insgesamt konnte mit diesem Spiel und einer handvoll Male die 100.000 Zuseher-Marke geknackt werden. Den absoluten Rekord bildete das Freiluft-Derby 2015 mit über 200.000 Zusehern. Ansonsten waren 40.000 bis 50.000 Zuschauer aber schon ein sehr gutes Ergebnis", gewährt Pfanner tiefe Einblicke. Sein diesbezügliches Fazit: "Besonders im Herbst sind die Einschaltquoten fast immer ausbaufähig gewesen."

Nach der Saison 2016/17 stand eine Fortsetzung des Servus-Engagements aufgrund eingetretener Entwicklungen erstmals auf der Kippe. Obwohl die Zahlen vielversprechend waren. ServusTV hatte begonnen, seine Inhalte proaktiv auf Social-Media-Kanälen und einer eigenen Plattform auszustrahlen, also nicht mehr im linearen TV. Und der Sender versuchte dies auch bei der Erste Bank Eishockey Liga zu forcieren. Das wurde nicht überall mit Wohlwollen quittiert. Schon damals hätte eine Plattform aus der Taufe gehoben werden sollen, damit die Liga alle ihre Spiele selbst vermarkten kann ("Gamecenter"). Doch hinter den Kulissen wurde das blockiert, auch weil mit Sky ein TV-Partner des PayTV verständlicherweise seine Kunden bedienen wollte.

Zankapfel "Home of Hockey"

Der eigentliche Schlusspunkt in der Zusammenarbeit zwischen Erste Bank Eishockey Liga und ServusTV war das Projekt "Home of Hockey". Das Red Bull Media House lieferte die digitale Expertise, um eine Plattform in Anlehnung von nhl.com zu entwickeln. "Diese Plattform war meines Wissens nach fix und fertig. Jetzt wird sie verrotten", so Pfanner nüchtern. Home-of-Hockey hätte alle Bewegtbilder des heimischen Eishockeys bündeln sollen. Seiner Ansicht nach, war der ÖEHV war jedoch ausgeschert, später Rechteinhaber "SportsmanGroup" sowie die Liga-Vereine selbst. "Es ist bitter. Eigentlich hätte es nur online gestellt werden müssen." Warum das Projekt schlussendlich gescheitert ist, kann sich Pfanner aber nicht erklären.

Tränenreich verabschiedete sich der erst 33-Jährige in der allerletzten Servus Hockey Night vom Publikum. Pfanner erlebte eine turbulente Zeit beim Sender, stieg vom Redakteur zu einem großen Eishockey-TV-Gestalter auf. Er kommentierte, zuerst Spielberichte dann ganze Live-Partien, er moderierte, nahm Podcasts auf, bevor dies in Österreich salonfähig wurde, zeigte sich als kompetenter Interviewer, produzierte als LDS (Leiter der Sendung im Übertragungswagen). "Es war diese reizvolle Mischung aus Kommentieren und Produzieren, die mich fasziniert hatte", meint Pfanner. Vielleicht eine handvoll TV-Journalisten in Österreich beherrschen diese Vielfalt.

Mit ServusTV wendet sich auch einer der gewissenhaftesten Sport-Reporter Österreichs vom Eishockey ab. Ob er nach 10 Jahren nun den Sender wechselt und zum neuen Liga-Partner Puls24 wechseln könnte? "Es gibt noch keine diesbezüglichen Gespräche", meint Pfanner, der seit 2016 als Freier Journalist tätig ist und dessen umfangreiche Erfahrung bei DAZN oder MySports gefragt ist. Sein Servus-Moment? "Das Game-Winning-Goal von Adam Comrie in der Verlängerung des sechsten Finalspiels gegen Wien, als der KAC Meister geworden ist. So etwas hinter dem Mikrofon erleben zu dürfen, ist einzigartig." Trotz seines jungen Alters ist er im Geschäft eben ein alter Hase, der bereits Aufbruchstimmung ortet. Sein Herzblut steckt jedenfalls in jeder Sendungsminute, wie es bei ServusTV usus ist/war.