Wien gegen Graz – dieses Städteduell sorgt im Sport seit jeher für viel Feuer. Egal ob im Fußball oder, wie in diesem Fall, im Eishockey: Wenn die Hauptstädter auf die „Provinzler“ treffen, ist Brisanz garantiert. So auch vor dem heute beginnenden Play-off-Viertelfinale der Eishockey-Liga zwischen den Vienna Capitals und den Graz 99ers. Rechtzeitig zum Beginn der „Best of seven“-Serie hat sich 99ers-Kapitän OliverSetzinger zurückgemeldet und eine klare Vorgabe ausgegeben: „Ich erwarte mir, dass wir das Duell gewinnen. Nichts anderes!“ In der Zwischenrunde hat er nach einer Knöchelfraktur pausiert. „Es gab schon drei, vier andere Verletzungen, seit ich in Graz bin, bei denen ich keine Ruhe gegeben habe. Aber in diesem Fall ist es mir leichter gefallen, weil wir fix im Play-off waren. In der unteren Runde wüsste ich nicht, ob ich das auch gemacht hätte“, sagt Setzinger. Seine Frau, erzählt er mit einem breiten Lachen, war ob der Vernunft des Gatten auch „sehr zufrieden“.
Zu Hause ist der „Donau-Gretzky“, wie der Wiener in der Schweiz getauft wurde, aber im Eishockey mittlerweile nur noch die Nummer zwei – theoretisch. Denn Sohn Lennox hat als Einser-Tormann Österreichs den Sieg beim prestigeträchtigen „Pee-Wee-A-Cup“ in Quebec (Kanada) erspielt – das gelang dem Vater nie. Setzinger senior: „Na gut, diese Rolle kann ich gerne akzeptieren. Er ist mit dem Herzen dabei und gut ist er auch noch. Da geht’s nicht ums ,Knedl‘. Bei ihm geschieht es zu 100 Prozent aus Liebe zum Sport und der Freude am Spiel.“
Dieselbe Leidenschaft wollen und müssen die Grazer auch in Wien zeigen, um zu bestehen. Erstmals seit Saisonbeginn sind sie heute vollzählig – sieht man von Dwight King ab. „Wien ist eine große Mannschaft mit viel Talent und Disziplin, dazu haben sie zwei gute Keeper. Das zeichnet sie aus. Es wird definitiv interessant“, sagt Setzinger, der selbst von 2005 bis 2007 zwei Saisonen in der Bundeshauptstadt gespielt hat und die Stimmung kennt. „Das ist aber Jahre her. Die Spieler-Fan-Beziehung war damals eine ganz andere. Da sind die Leute bei uns im Kabinengang gestanden. Das kann man nicht mehr vergleichen“, sagt er. „Aber wenn die Halle voll ist, ist dort eine wilde Atmosphäre. Die Stimmung hängt in Kagran sehr stark vom Spielverlauf ab.“
Die Setzingers haben ihre Zelte in Wien vor mehr als einem Jahr abgebrochen, nachdem sie sich „in Graz verliebt haben“: „Diese Liebe ist gefestigt. Graz ist unser Lebensmittelpunkt und das, was früher Wien für uns war.“ Aber eines wird sich bei Oliver Setzinger sicher nicht ändern: die Kampfeslust. „Wie für meinen Sohn ist auch für mich Eishockey das Leben und daher geht zurücklehnen und zusehen für mich gar nicht.“
Angst, dass der 36-jährige Kapitän nach seiner längeren Verletzungspause noch nicht voll im Wettkampfmodus sein könnte, hat 99ers-Trainer Doug Mason nicht im Geringsten. „Wenn er auf dem Eis steht, ist er bereit. Er ist körperlich der Beste. Er geht jeden Tag laufen, kann super regenerieren. Nach 20 Sekunden auf der Bank schon bereit, wieder auf das Eis zu gehen.“
Bereit ist auch 99ers-Stürmer Dominik Grafenthin: „Das ist ein kompletter Neubeginn für uns. Die Play-off-Zeit ist immer besonders. Wir starten mit breiter Brust und viel Selbstvertrauen – weil es auch mental sehr wichtig ist, dass wir mit vier vollen Linien spielen können.“ Denn nur so können die Grazer ihren größten Trumpf, ihre Aggressivität und Schnelligkeit, ausspielen. Für Wien-Trainer Dave Cameron ist klar: „Das Team, das härter auftritt und länger durchhält, gewinnt!“