Im März 2010 brach der Vulkan Eyjafjallajökull auf Island aus. Seine Aschewolken beeinträchtigen den Flugverkehr, in Europa fielen mehr als 100.000 Flüge aus. Zehn Jahre später kämpft die Menschheit wieder gegen höhere Gewalt mit weltweiten Auswirkungen. In China haben sich mittlerweile fast 70.000 mit dem Corona-Virus infiziert. Eine der größten Volkswirtschaften der Erde befindet sich im Ausnahmezustand. Längst hat der Virus den Sport erreicht. So wurden Weltcup-Skirennen in Yanging, die Leichtathletik-Hallen-WM in Nanjing oder der Formel-1-GP von China abgesagt. Sollte sich die Lage nicht Entspannen, könnte sich das auf alles übertragen, wo "Made in China" abzulesen ist. Und das betrifft auch das Eishockey - oder genauer gesagt die Eishockey-Ausrüstungen.
Richtig heikel reagieren Eishockey-Cracks bekanntlich, wenn es um ihren verlängerten Arm geht. Also ihren Stöcken. Die meisten benützen eigens angefertigte Modelle, auch "Custom Sticks" genannt. Und die Marktführer lassen ihre Stöcke ausgerechnet in China, genauer gesagt in der Metropole Wuhan (vom Corona-Virus am stärksten betroffene Region) produzieren. Bereits seit mehreren Wochen herrscht in den chinesischen Fabriken Stillstand. Unmittelbar davon betroffen sind die Firmen CCM sowie Bauer. Um die Dimension zu erkennen: Acht von zehn NHL-Spielern greifen auf deren Produkte zurück.
Bauer bestätigt, dass seit Ende Jänner keine Bestellungen bearbeitet worden sind. "Vom Produktionsausfall sind derzeit nur Custom Schläger betroffen. Für den Amateurbereich gibt es genug Lagerbestände weltweit", sagt Bauer-Chef Ed Kinnaly. Gegenüber schwedischen Medien beruhigt er jedoch: "Wir haben derzeit noch Lagerbestände in den USA und Kanada und versuchen sicherzustellen, dass die Vereine und Spieler versorgt bleiben."
Die Graz 99ers haben Bauer als Team-Ausstatter und wurden vor rund einer Woche vom kanadischen Sportartikelhersteller über den Produktionsstopp informiert. "Für uns stellt das kein Problem dar, das Lager ist voll", sagt 99ers-Manager Bernd Vollmann. Rund zwei Drittel der Grazer Cracks spielen mit "costumized" Schlägern. "Uns wurde mitgeteilt, dass mit Ende Februar wieder die Fertigung läuft. Das geht sich gut aus, dann haben wir gar keine Sorgen."
Aktuell verfügen bei den Grazern Dwight King sowie Oliver Setzinger und KAC-Crack Nick Petersen mit dem Schläger-Fabrikat "Warrior". Dieses Unternehmen lässt jedoch in Mexico produzieren. "Der passende Schläger ist extrem wichtig", sagt Setzinger und ergänzt: "Sonst bin ich bei der Ausrüstung nicht so heikel." Biegung, Winkel, Schafthärte – alles muss einfach genau passen. "Früher haben wir an den Holzschlägern herumgeschnitzt und gefeilt, bis er gepasst hat. Das geht beim Karbon jetzt nicht mehr", sagt der verletzte Kapitän der Grazer. Er optimiert mittlerweile seit 18 Jahren sein Sportgerät. "Keiner zweiter Spieler auf der Welt hat so einen Schläger wie ich."
KAC und VSV vertrauen CCM
CCM ist in der heimischen Eishockey-Liga Komplettausstatter der beiden Kärntner Klubs KAC und VSV. Unmittelbar vor der entscheidenden Phase könnten hier die Bestände aber knapp werden. "Die Fabrik ist zu. Wir sollten am Montag weitere Informationen zu aktuellen Status erhalten", lässt Klaus Burgstaller von der Firma "Create Sports", General-Importeur für CCM-Produkte, wissen. "Jeder sollte derzeit über genügend Stöcke verfügen." Im äußersten Notfall müssten die Spieler eben auf Standard-Modelle zurückgreifen.
Insgesamt verbrauchen die Cracks zwischen 24 und 30 dieser Karbonstöcke pro Saison. Offizieller Verkaufspreis für Modelle dieser Art liegt bei 380 Euro. Pro Stück. Im Vergleich: Holzstöcke kosteten in den 1990er Jahren verhältnismäßig günstige 700 Schilling. Den altehrwürdigen roten Titan 4020 kann man heute sogar noch um 40 Euro in Slowenien erstehen. Mit einem Flex-Effekt bei Schüssen darf man dann aber nicht rechnen.